Verkehrsentwicklung in Dachau:Zweifel am Sinn der Umgehung

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Die geplante Umgehungsstraße für Dachau sollte die lang erhoffte Verkehrsentlastung bringen. Eine neue Studie lässt daran Zweifel aufkommen.

Melanie Staudinger

Der Dachauer Stadtrat hat sich schon mehrere Male mit der Verkehrsprognose bis zum Jahr 2025 beschäftigt. Doch als Stadtbauamtsmitarbeiter Andreas Meyer nun im Bauausschuss die neueste Erhebung vorstellte, waren selbst ausgewiesene Experten überrascht. Vor allem eine Zahl erregte Aufsehen - der geringe Anteil des Durchgangsverkehrs, also der Fahrzeuge, die von außerhalb durch das Stadtgebiet fahren ohne dort anzuhalten. Er liegt in 2009 bei zwölf Prozent (21000 Fahrzeuge täglich) und würde auch bis zum Jahr 2025 relativ konstant bleiben (22 000). Bisher wurde angenommen, dass gerade der Durchgangsverkehr die Verkehrsprobleme in Dachau verursache.

Pendler in Dachau kennen die Situation bestens: Besonders im Berufsverkehr ist in vielen Straßen wie hier in der Martin-Huber-Straße kein Durchkommen mehr. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Doch die meisten Fahrzeuge sind dem innerstädtischen Verkehr (2009: 63500; 2025 bis zu 91000) und dem Quell- und Zielverkehr (2009: 88900; 2025 bis zu 109500) zuzurechnen. Die Statistik veranlasste SPD-Stadtrat Günter Heinritz, den Sinn der geplanten Nordost-Umfahrung Dachaus zu hinterfragen. "Theoretisch könnten ja dann überhaupt nur zehn Prozent des Verkehrs umgeleitet werden", sagte er. Die Prognose aber weist aus, dass der Verkehr in Dachau bis 2025 insgesamt um 25 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2009 zunehmen werde.

Am Nutzen der Umfahrung aber will die CSU nicht rütteln. Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) ist ein bekennender Befürworter des Vorhabens und kämpft bekanntlich für einen schnellen Baubeginn. Er verwies auf das Gutachten zum 30-Millionen-Euro-Projekt, wonach 12000 bis 16000 Autos täglich die Umgehungsstraße nutzen würden. Das entspreche in etwa den jetzt vorgelegten Zahlen. "Das System würde zusammenbrechen, wenn noch mehr Autos kommen", sagte er. Daher sei die Umfahrung nötig. CSU-Stadtrat Erwin Zehrer glaubt, dass die Umgehung eine Entlastung bringen werde, weil sie das Gewerbegebiet von Osten her anbinde und damit die Chance biete, die Lastwagen aus der Stadt herauszuhalten.

Das Problem, dass immer mehr Menschen ihr Auto innerhalb der Stadt benutzen, wird die Umfahrung nicht beheben. Dessen ist sich auch Bürgel bewusst: "Wir haben noch viel Arbeit und müssen Lösungen finden." Laut Verkehrsprognose gerät das Straßennetz auch dann an seine Kapazitätsgrenzen, wenn in Dachau kein neues Baugebiet mehr ausgewiesen wird, sondern die Stadt nur im jetzigen Bestand wächst. Vor zwei Jahren wurden am Tag 173 400 Fahrzeuge gezählt. Wächst Dachau nur im Bestand, werden es in 2025 schon 217500 sein. Werden auch bereits geplante, aber noch nicht realisierte neue Baugebiete wie im Himmelreich ausgewiesen, kommen die Hochrechnungen auf 222200 Fahrzeuge täglich.

"Wir müssen umdenken", sagte CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky. Ihr Vorschlag: Durch ein verbessertes System im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sollen die Bürger dazu gebracht werden, auf ihr Auto zu verzichten. Betrachtet man nämlich den Binnenverkehr, so macht der Anteil der Kfz-Fahrer 45 Prozent aus. Im Vergleich dazu nutzen nur zehn Prozent die ÖPNV-Angebote, 36 Prozent benötigen für ihre Erledigungen kein Fahrzeug, neun Prozent sind Mitfahrer. OB Bürgel erklärte: "Der Verkehr wird ein großes Thema bei der Stadtentwicklungsplanung sein." Mehr Menschen müssten auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Der Stadtrat müsse sich aus seiner Sicht daher in der kommenden Zeit mit der Frage beschäftigen, wie die Dachauer zu einem solchen Schritt zu bewegen seien.

© SZ vom 01.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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