CSU-Stammtisch:"Asyl hat keine Obergrenze"

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Regisseur Marcus H. Rosenmüller (links) und Landrat Stefan Löwl. (Foto: Toni Heigl)

Das Thema Flüchtlinge lockt mehr als 120 Bürger zum Stammtisch der CSU Hebertshausen. Die Redner mahnen zu Vernunft und Toleranz.

Von Anna-Sophia Lang, Ampermoching

Bevor der Sonntags-Stammtisch der Hebertshausener CSU zum Thema Flüchtlinge im Sportheim Ampermoching losging, richtete Clemens von Trebra-Lindenau einen Appell an die Anwesenden. "Wir wollen freudig diskutieren, aber nicht zu emotional werden und nicht unter die Gürtellinie gehen", sagte der Ortsvorsitzende. Am Ende stellte sich heraus, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. Die zum Gespräch geladenen Gäste und die mehr als 120 Bürger, die gekommen waren, diskutierten sachlich und offen.

Ausgangspunkt für viele Beiträge war die Frage, wie sich die Flüchtlingszahlen 2016 entwickeln werden. Eine Frage, deren Antwort weder Landrat Stefan Löwl noch Martin Neumeyer (beide CSU), Integrationsbeauftragter der bayerischen Staatsregierung, kennen. Dass die Zahl dauerhaft niedrig bleibt, glaubt keiner der beiden. Neumeyer forderte deshalb Solidarität der anderen europäischen Staaten mit Deutschland. Auch die USA, Australien, Japan und arabische Nationen sollten sich beteiligen. Außerdem müsse die Lage der Menschen an Ort und Stelle in der Region verbessert werden. Damit Gelder wirklich bei den hilfsbedürftigen Menschen ankommen, müsse Korruption bekämpft werden. Die Diskussion über eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen bezeichnete Neumeyer als "Debatte der Begriffe, nicht der Inhalte". Dennoch sprach er sich für eine Beschränkung aus. "In welcher Höhe, darüber muss man diskutieren."

"Wir schaffen es. Weil wir es schaffen müssen."

"Asyl hat keine Obergrenze", sagte Stefan Löwl. Die daraus folgende Unterbringung der Asylsuchenden sei nicht das Problem: "Wir schaffen es. Weil wir es schaffen müssen." Schwierig werde es bei der Integration der anerkannten Flüchtlinge. Wie bereits bei vergangenen Veranstaltungen kritisierte Löwl die Verbreitung von falschen Gerüchten über Facebook. Er forderte dazu auf, Gerüchte stärker zu hinterfragen. "Befürchtungen muss man ernst nehmen, aber wir müssen es schaffen, Ratio und Emotionen in Einklang zu bringen." Er nahm dabei auch Bezug auf die steigende Zahl von Zuschriften besorgter Eltern an das Landratsamt, die Angst um die Sicherheit ihrer Töchter haben. Die Statistik zeige, dass es im Landkreis keinen Anlass zur Sorge gebe, sagte Löwl.

Dass die Angst trotz aller Argumente bleiben kann, zeigte der Beitrag von Gaby Wiche. Sie war als Hebertshausener Bürgerin zur Gesprächsrunde eingeladen. In der Gemeinde fühle sie sich sicher, in Großstädten allerdings nicht. Bekannte von ihr gingen aus Angst abends nicht mehr alleine auf die Straße. Integration könne nur im kleinen Rahmen erfolgreich sein. "Wie wollen wir das schaffen, wenn wieder eine Million kommt? Ich fühle mich manchmal fremd im eigenen Land." Peter Barth vom Helferkreis begegnete dem mit der Aufforderung, Asylsuchende kennenzulernen.

Sozial Schwache nicht gegen Asylsuchende ausspielen

Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU) hielt ein eindringliches Plädoyer für Toleranz und Inklusion. "Man muss die Flüchtlinge involvieren", sagte er und bezog sich gleichermaßen auf Vereinsleben, Gesellschaft und Gemeinde. Dass die Menschen Angst vor Unbekanntem hätten, sei natürlich. Er warnte aber vor einem Umgang mit Flüchtlingen, der nur von Angst geprägt ist. Neiddebatten, in denen sozial Schwache gegen Asylsuchende ausgespielt werden, könne er nicht mehr hören. Dass Ängste formuliert und gehört werden, hält er dennoch für wesentlich. Er regte regelmäßige öffentliche Veranstaltungen an, die dafür ein Forum bieten könnten.

Auch Regisseur Marcus H. Rosenmüller, der mehrere Filme im Landkreis gedreht hat und sich in München für Flüchtlinge engagiert, äußerte sich beschwichtigend. "Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, am Dorfleben teilzunehmen", sagte er. Dabei müsse sich jeder Einzelne beteiligen. "Ich glaube an die Humanität", antwortete er auf die Frage nach der Stimmung in Bayern. Dass rechte Parteien dauerhaft Erfolg haben, glaube er nicht. "Zum Schluss werden wir es meistern."

Dass auch ein Asylsuchender selbst zu Wort kam, ist eine Seltenheit bei politischen Veranstaltungen: Josef Sonko ist im zweiten Ausbildungsjahr bei der Konditorei Weißenbeck, seit 2013 lebt er in Hebertshausen. Dank seines Ausbildungsgehalts ist er finanziell unabhängig vom Freistaat. "Ich habe alles getan, um mich zu integrieren", sagte er, "ich bezahle Beiträge für die Rente, die Arbeitslosenversicherung und den Solidaritätszuschlag." Sonko hofft, dass er in Deutschland bleiben und seine Ausbildung beenden darf. Die Chancen stehen schlecht. Er kommt aus dem Senegal, einem sicheren Herkunftsland.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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