Asylbewerber:Hebertshausen lebt die Integration

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Flüchtlinge nehmen an der Bürgerversammlung teil und kümmern sich auch um den Bahnhof, der immer wieder vermüllt wird.

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Gerade in ländlichen Gemeinden sind die jährlichen Bürgerversammlungen nicht nur Veranstaltungen, bei denen Anwohner dem Rathauschef ihre Kritik vortragen können. Vielmehr gelten die Treffen in den Wirtshäusern und Sportheimen auch als Pflichttermine für die engagierte Bürgerschaft. Da darf es als eindrucksvolles Signal gewertet werden, dass in Hebertshausen am Montagabend auch einige Asylsuchende aus der örtlichen Unterkunft im Saal Platz genommen haben. Der in rasantem Sprechtempo vorgetragenen Bilanz von Bürgermeister Richard Reischl (CSU) haben die Flüchtlinge vielleicht trotz ihrer schon guten Sprachkenntnisse nicht bis ins Detail folgen können. Allein ihre Anwesenheit setzte aber ein überzeugendes Signal von Teilhabe und Integration. Ein Zeichen, das auch von der Bevölkerung so wahrgenommen wird.

Ablehnende Stimmen gab es zum Thema Asyl in der Bürgeraussprache keine einzige. Vielmehr ausdrückliches Lob: "Der Umgang mit Asylbewerbern", betonte der Deutenhofener Helmut Rez, "ist in unserer Gemeinde beeindruckend, positiv und vorbildlich". So zufrieden wie Rez mit der Flüchtlingspolitik im Ort ist, so zufrieden sind die Hebertshausener offenbar allgemein mit Rathauschef und Gemeinderat. Auch die Sicherheitslage im Ort sei gut, betonte Thomas Rauscher, Leiter der Dachauer Polizeiinspektion, der die Unfall- und Kriminalitätsstatistik präsentierte.

Mohamed, Effe und Mishack packen an, die Flüchtlinge arbeiten auf dem Bauhof in Hebertshausen mit. (Foto: Niels P. Jorgensen)

Doch eine Sache ärgert die Bürger schon: Die Zustände am S-Bahnhof. Ihr Fahrrad sei trotz eines Schlosses geklaut worden, schimpfte eine Hebertshauserin. Hin und wieder beobachte sie Passanten, "die im Vorbeigehen die Radl checken und schauen, welche abgesperrt sind". Eine Bürgerin beklagte, dass ihr Auto auf dem Park-and-Ride-Parkplatz aufgebrochen worden sei. Gehäufte Raddiebstähle oder Autoaufbrüche konnte der Polizeichef aber nicht bestätigen. Doch die Kritik der Bürger reicht weiter: Der Aufzug zum Bahnsteig sei "häufig zerstört", reklamierte Helmut Rez. Die Videoüberwachung gebe es vermutlich gar nicht. Sonst würden sich die Täter doch nicht so dreist austoben, so seine Vermutung. Auch am Bahnsteig habe sich der Zustand verschlechtert, monierte Günter Rusker. Zerstörte Glasscheiben am Wartehäuschen, Müll überall, zwischen drei und fünf Uhr in der Früh gebe es "regen Betrieb mit Jugendlichen", in den Morgenstunden rauschten Autos durch die Fußgängerunterführung.

"Der Bahnhof ist ein Sorgenkind", bestätigte Bürgermeister Reischl. Die drei Asylbewerber, die im Bauhof mitarbeiten, kümmerten sich einen Tag die Woche ausschließlich um die S-Bahn-Station, denn "der viele Müll ist unglaublich". Die Bahn sehe aber keinen Handlungsbedarf. Für die kommenden Wochen kündigte Reischl eine Säuberungsaktion an, um Schrotträder zu entsorgen. Viel mehr könne die Gemeinde aber nicht leisten.

Über die Verkehrssituation in der Freisinger Straße klagte Elke Winkler. Im Berufsverkehr hätten Passanten kaum eine Chance, die Fahrbahn zu queren. Ein Thema, mit dem sich der Gemeinderat schon ausführlich befasst hat. Eine Ampelanlage ist rechtlich nicht zulässig, eine Mittelinsel mit 260 000 Euro enorm teuer. Für einen jetzt geplanten Schulweghelfer-Übergang fehlen die notwendigen sechs ehrenamtlichen Schülerlotsen. "Wir haben alle Deutenhofener angeschrieben, Resonanz Null", so Reischl. Alfred Winkler monierte, dass für die Ampermochinger Feuerwehr neue Räume entstehen, wo wenige hundert Meter weiter das Hebertshausener Feuerwehrhaus steht. Tatsächlich bekomme bei der laufenden Sanierung des Bauhofs die Feuerwehr, die im Gebäude untergebracht ist, Toiletten und ein Büro, sagte Reischl. Wegen hoher Zuschüsse muss die Gemeinde aber kaum eigenes Geld investieren. Zudem sei eine leistungsstarke Feuerwehr einfach wichtig.

Die Zerstörungswut am S-Bahnhof - hier die zerbrochene Glasscheibe der Infotafel - ärgert die Hebertshausener. (Foto: Toni Heigl)

Weil der Rathauschef gerne was Neues ausprobiert, drehte er am Ende der Bürgerversammlung den Spieß um - und befragte die Bürger. Per Klebepunkt auf einem Flip-Chart sollten die Zuhörer entscheiden, ob Tempo-30-Zonen in Wohnvierteln sinnvoll wären. Doch von isolierten Lösungen hält der Gemeinderat wenig. Die Bürger sollten deshalb entscheiden, ob sie sich ein Tempolimit in allen Siedlungen vorstellen können. Je nach Resonanz der Umfrage, die bei allen vier Bürgerversammlungen laufen wird, bleibe alles beim Alten oder aber der Gemeinderat wird über ein Ratsbegehren "Pro Tempo-30" beraten. Wie die Bürger entscheiden, ist offen. Im Hebertshausener Sportheim klebten am Ende aber schon einmal deutlich mehr Punkte auf der Seite "Tempo 30 - Ja".

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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