Architektouren in Dachau:Altes und Neues verbinden

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Die Architektouren sind die größte Architektur-Freiluftausstellung in Bayern. Auch im Landkreis Dachau sind am Wochenende drei Objekte zu besichtigen. Sie zeigen, wie sich Altes und Neues verbinden lassen.

Robert Stocker

Wie entstehen in einem historischen Gebäude moderne Unterrichtsräume, deren Bau auch im Einklang mit dem Denkmalschutz steht? Wie sieht der Anbau eines Pfarrheims aus, der mit dem bestehenden Gebäude eine Einheit bilden und gleichzeitig Energie sparen soll? Und welchen Sinn haben "Sukzessionsflächen" in einem Park?

"Mehr Natur in die Stadt" war der Leitgedanke des Dachauer Landschaftsarchitekturbüros Luska Freiraum GmbH bei der Gestaltung des Eon Prinzenparks in Karlsfeld. (Foto: Toni Heigl)

Fragen, welche die Architektouren im Landkreis Dachau an diesem Wochenende beantworten. Der Beirat der Bayerischen Architektenkammer hat bayernweit 219 Projekte ausgewählt, die Interessierte am Samstag und Sonntag besichtigen können. Architekten und Bauherren werden die Besucher durch die Gebäude führen und sie über die Projekte informieren.

Die Architektouren, laut Innenminister Joachim Herrmann "die größte Freiluftausstellung der Architektur", bieten Besuchern nicht nur Einblicke in den architektonischen Entstehungsprozess, sondern verdeutlichen auch, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Architekt und Bauherr ist.

Das Spektrum der ausgewählten Beispiele reicht vom klassischen Einfamilienhaus über Kindergärten und Schulen bis zu Bürogebäuden, Gartenanlagen und Museen. Alle Projekte wurden in den vergangenen drei Jahren realisiert, in vielen Fällen spielen Energie und Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Dies gilt auch für die Generalsanierung und den Anbau des Pfarrheims Sankt Peter, eines der drei Objekte, die der Beirat der Architektenkammer im Landkreis Dachau ausgewählt hat. In den Augen der Juroren ist der Bau des Münchner Büros Pollok + Gonzalo ein gelungenes Beispiel für die Sanierung und Erweiterung bestehender Bausubstanz. Ein breiter Flur an der Nordseite verbindet jetzt das alte Gebäude mit dem Anbau und fungiert als Foyer und Begegnungsraum.

Der Erweiterungsbau strukturiert die umliegende Freifläche so, dass ein quartierbezogenes Rad- und Fußwegenetz mit einem internen Platz entstanden ist. Beide Gebäudeteile bilden eine funktionelle Einheit, weisen aber individuelle Gestaltungsmerkmale auf. Weil das alte Pfarrheim aus den siebziger Jahren nur eine mangelhafte Wärmedämmung hatte, erhielt es eine neue Gebäudehülle. Außerdem wurden dreifach verglaste Fensterelemente eingesetzt, der Dachaufbau wurde mit einer Zellulosedämmung isoliert. Der Anbau besteht aus Holzelementen, die auf einer stark gedämmten Bodenplatte aus Beton stehen.

Durch die Wärmedämmung der Gebäudehülle, moderne Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und die passive Nutzung der Sonneneinstrahlung hat das Gebäude nur einen geringen Energiebedarf, der dem eines Passivhauses entspricht.

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Wesentlich älter als das Pfarrheim Sankt Peter ist der Komplex des Indersdorfer Klosters, in dem die Realschule Vinzenz von Paul untergebracht ist. Die Münchner Architekten Jesse, Hofmayr und Werner (sie haben unter anderem die Eingangsbauwerke Nord, West und Ost in der Neuen Messe München entworfen) erhielten von der Kirche den Auftrag, die Realschule zu erweitern und ein barockes, denkmalgeschütztes Wohn- und Wirtschaftsgebäude in Unterrichtsräume mit einem Tagesheim zu verwandeln.

Im Erdgeschoss des Gebäudes war einst ein Pferdestall untergebracht, andere Räume fungierten als Archiv und Kanzlei. "Wir mussten die Anforderungen an moderne Schulräume mit dem historischen Vorbild in Einklang bringen", erläutert Architekt Roland Jesse das grundsätzliche Problem des Bauprojekts. "Wir haben versucht, die ursprüngliche Raumkonstellation zu erhalten." Problematisch waren allerdings die niedrigen Wohnräume im zweiten Obergeschoss. Die Architekten öffneten deshalb das Dach, wodurch die Räume jetzt die Höhe von zwei Stockwerken haben.

Der barocke Dachstuhl wurde dabei völlig erhalten. Der Innenhof wurde als Pausenhof neu gestaltet, markanter Blickfang ist ein großer Glasanbau, der ein Treppenhaus als zweiten Fluchtweg beherbergt.

"Mehr Natur in die Stadt" war der Leitgedanke des Dachauer Landschaftsarchitekturbüros Luska Freiraum GmbH bei der Gestaltung des Eon Prinzenparks in Karlsfeld. Auf dem ehemaligen Bayernwerksgelände wurde zwischen zwei geplanten Wohnquartieren ein öffentlicher Park errichtet, der Karlsfeld-West mit der angrenzenden Kulturlandschaft verbindet.

"Wir wollten einen naturnahen Park der Zukunft errichten, der sich klimatischen und gesellschaftlichen Veränderungen anpasst", sagt Architekt Michael Luska. Die weitläufigen Rasen- und Wiesenflächen im Norden halten die Blickbeziehungen zu den westlich angrenzenden Feldern frei und ermöglichen einen Frischluftaustausch. Im Süden hat Luska verschiedene Aktions- und Erlebnisräume angelegt. "Die Leute sollen sich dort aufhalten", sagt Luska.

Auch die Vegetation weist eine Besonderheit auf: Hier sind nicht exotische Gehölze zu finden, die bewässert und gedüngt werden müssen, sondern ausschließlich heimische Pflanzen. Auf sogenannten Sukzessionsflächen kann sich spontan Vegetation ansiedeln, deren Standort später neu genutzt werden kann.

© SZ vom 25.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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