Amtsgericht Dachau:Wenn der Papa 30 Mal klingelt

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Unschönes Ende einer Ehe: Ein Familienvater aus Karlsfeld soll seine Frau verfolgt, bedroht und geschlagen haben. Er selbst leugnet das.

Matthias Pöls

Wenn sich Eltern trennen, sind Kinder oft die Hauptleidtragenden. Ein Ehestreit endete jüngst sogar vor dem Dachauer Amtsgericht. Ein 56-jähriger Familienvater aus Karlsfeld musste sich gegen den Vorwurf von Stalking, Beleidigung und Körperverletzung verteidigen. Er hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl über 80 Tagessätzen à 40 Euro eingelegt. "Man sollte versuchen, das Verfahren aufgrund der Familienverwicklungen einzustellen", sagt Richter Lukas Neubeck nach einem Rechtsgespräch - gegen Geldauflage von 1200 Euro zu Gunsten des Frauenhauses.

Der Angeklagte war damit einverstanden und zwar, weil er es "für seine Kinder macht", wie sein Verteidiger es ausdrückte. Kurz zuvor musste seine Tochter aussagen. Obwohl Richter Neubeck versucht hatte, die 26-Jährige aus dem Verfahren rauszuhalten. Auf die Frage, ob die Mutter verfolgt wurde oder lügt, wie es ihr Vater behauptet, sagt die junge Frau: "Ich habe den Überblick verloren. Ich habe aufgehört, nachzufragen. Ich verstehe es nicht." Zu dem Streit sei es gekommen, weil der Vater angenommen habe, dass die Mutter ein Verhältnis mit einem Hausmeister habe und "sauer war".

Während die 26-Jährige erzählt, wie sie das letzte Jahr erlebt hat, sitzt der angeklagte Vater zusammengesunken auf dem Stuhl und schaut starr zu Boden.

Doch als der Hausmeister als Zeuge auftritt, nimmt er eine ganz ander Haltung ein: mit vorgebeugten Oberkörper und geradem Blick in die Augen des 43-Jährigen. Der Zeuge kennt die ganze Familie und berichtet vom 15. April 2011, als die 40-jährige Frau beleidigt und auch geschlagen worden sein soll. "Mutter und Tochter haben mich besucht", sagt er: Dann sei der Angeklagte aufgetaucht und habe die Mutter als "Schlampe" beschimpft. Als er auch noch auf die Frau habe losgehen wollen, habe er ihn weggeschubst. Daraufhin sei der Familienvater auf sein Moped gesprungen, habe am Gashahn gespielt und gedroht, die Gruppe umzufahren. "Irgendwann ist er wieder abgedüst", so der Hausmeister. Angeblich soll die Mutter auch ein blaues Auge gehabt haben, aber von wann und von woher konnte nicht mehr geklärt werden.

Die Tochter wusste davon nichts. Sie glaube auch nicht, dass ihr Vater die Mutter schlagen würde. Allerdings hatte die 40-Jährige am Abend nach dem Vorfall Angstzustände: "Meine Mutter saß auf dem Balkon und war ständig der Meinung, dass sie ein Moped hören würde. Sie sagte: Gleich kommt er", so die Tochter. "Seit Juni geht's meiner Mutter wieder besser. Vorher war sie nicht ansprechbar."

Laut Anklage fühlte sich die 40-Jährige allgemein verfolgt. 30, 40, 50 Mal sei sie gegen ihren Willen angerufen worden. Doch der Nachweis beim Stalking ist schwierig, besonders in diesem Fall. Auch bei der Körperverletzung sind die Umstände nicht einwandfrei klärbar. Das Verfahren wird gegen Geldauflage eingestellt. "Aber zahlen Sie", sagte Richter Neubeck, "andernfalls würde es wohl sicherlich vor das Landgericht München gehen und die Kinder müssten erneut aussagen. Also zahlen Sie, versprochen?"

Der Angeklagte versprach es - der Kinder wegen. Die Scheidung der Eltern läuft. Auch dieses Verfahren betreut Richter Lukas Neubeck.

© SZ vom 04.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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