Amtsgericht Dachau:Brauner Selbstdarsteller

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Gericht verurteilt Sympathisant der rechten Szene, der sich in seinem Facebook-Profil mit einer Nazi-Flagge präsentiert.

Robert Stocker

Neue Freundin, coole Partys, toller Urlaub: Viele meist jugendliche Internetnutzer lassen auf Facebook kaum eine Möglichkeit aus, sich und ihr privates Umfeld öffentlich zu präsentieren. Ihr Mitteilungsbedürfnis ist enorm - selbst wenn es sich um Dinge handelt, die einen tiefen Einblick ins Privatleben geben. Das soziale Netzwerk Facebook wimmelt von Selbstdarstellern, die sich digital entblößen. Manchmal werden dabei Grenzen überschritten, die strafrechtliche Folgen haben. So wie für einen 31-Jährigen aus Vierkirchen, der nach Auffassung des Dachauer Amtsgerichts auf Facebook eine "klassische Selbstdarstellung" betrieben hat. Die hatte allerdings einen gravierenden Haken: Der Mann stellte in sein Profil ein Foto ein, das ihn mit einer nationalsozialistischen Flagge mit Reichsadler und Hakenkreuz im Hintergrund zeigt. Er verwendete das Symbol der verbotenen NSDAP öffentlich - ein strafrechtlicher Tatbestand.

Der Mann, der seine Sympathie für die rechte Szene offen bekennt und immer wieder mit Gleichgesinnten Alkohol konsumiert, bezeichnet das Foto als einen Fehler. Nach seiner Darstellung sollten Bekannte den Account für sein Facebook-Profil so verändern, dass nicht mehr jedermann, sondern nur noch Freunde darauf Zugriff hatten. Und davon hatte er auf Facebook jede Menge: Als die Internet-Ermittler der Kriminalpolizei am 11. September des vergangenen Jahres auf das Profil des 31-Jährigen stießen, waren dort 330 "Freunde" registriert. "Diese 330 Freunde reichen aus, um eine Öffentlichkeit herzustellen", stellt Amtsrichter Lars Hohlstein in der Verhandlung fest. "Sie wollten mit dem Foto eine Botschaft rüberbringen."

Dass der Angeklagte aus seiner Gesinnung auch sonst keinen Hehl macht, geht aus den Ausführungen seiner Bewährungshelferin hervor. "Er fühlt sich der rechten Szene zugehörig, pflegt Kontakte zu einer rechten Kameradschaft und geht mit seinen Freunden trinken." Allerdings habe der Mann, der elf Einträge im Bundesstrafregister hat und auch einschlägig vorbestraft ist, nicht gegen laufende Bewährungsauflagen verstoßen. Der gelernte Metzger, der seit kurzem verheiratet ist, hat nach eigener Aussage mittlerweile dem Alkohol abgeschworen, "weil mir meine Familie wichtig ist".

Für die Staatsanwältin ist es klar, dass durch die 330 Freunde im Facebook-Profil "eine Öffentlichkeit gegeben war". Sie wirft dem Angeklagten die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor und fordert eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, auch deshalb, weil "die einschlägigen Verurteilungen für ihn keine Lehre waren". Verteidiger Reinhard Grund plädiert auf Freispruch, weil "die unumschränkte Öffentlichkeit seines Facebook-Profils nicht belegt ist. Wer den Account nicht kannte, konnte nicht darauf zugreifen". Amtsrichter Lars Hohlstein verhängt sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung und eine Geldbuße von 1200 Euro. Für den Richter ist entscheidend, dass das Foto des Angeklagten "eine für ihn nicht überschaubare kommunikative Wirkung hatte. Facebook und solche Fotos passen nicht zusammen".

© SZ vom 07.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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