Betrug bei Registrierung:Sicherheitsleute sollen Geld von Flüchtlingen erpresst haben

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Sie drohten den Ankommenden damit, dass sie wieder nach Hause geschickt werden. Die Polizei durchsuchte nun die Einrichtung in München.

Von Susi Wimmer und Inga Rahmsdorf, München

Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma sollen über Monate hinweg Flüchtlinge im Ankunftszentrum (AZ) im Euroindustriepark erpresst haben. Sie drohten den Ankommenden damit, dass sie wieder nach Hause geschickt werden, wenn sie kein Schweigegeld zahlten. Am Mittwoch fand eine Razzia in der Einrichtung an der Maria-Probst-Straße statt.

Das Prozedere im AZ wird von einer Sicherheitsfirma mit Hauptsitz in Karlsruhe durchgeführt: Die Flüchtlinge kommen an, werden registriert und müssen unter anderem ein Formular ausfüllen, in dem sie bestätigen, dass sie nicht mehr als 750 Euro bei sich haben. Alles, was über diese Summe hinausgeht, muss abgegeben werden und wird auf Kost und Logis angerechnet.

Hatte ein Flüchtling mehr Geld, forderten die Security-Mitarbeiter 100 bis 200 Euro, damit sie trotzdem das Kreuzchen auf dem Formular mit der 750-Euro-Grenze machten. Wer nicht mitspiele, der werde zurückgeschickt, sollen sie gedroht haben, so Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Wie die Vorfälle bekannt wurden

Einige Flüchtlinge wandten sich an die Polizei und erzählten von den Vorfällen. Aber als die Polizei im Computer nachsah, stellte sich heraus, dass die Menschen dort gar nicht registriert worden waren. Erst als sich die Fälle häuften, war klar, dass die Täter systematisch vorgehen. Offenbar hatten sie alle Flüchtlinge, die sie erpresst hatten, aus der Registrierung gelöscht, um sie als unglaubwürdig darzustellen.

Laut Steinkraus-Koch wird nun gegen die Mitarbeiter im Alter von 24, 26 und 29 Jahren ermittelt. Wie viel Geld sie über welchen Zeitraum möglicherweise erpresst haben und ob noch mehr Mitarbeiter beteiligt waren, ist bislang unklar.

Ausgerechnet diese Sicherheitsfirma, gegen deren Mitarbeiter sich nun die Vorwürfe richten, soll auch die Sozialbetreuung im AZ übernehmen. Eine Arbeit, die bisher ein Team der Inneren Mission geleistet hat. Die Besetzung der Sozialbetreuung durch die Sicherheitsfirma hatte schon vor Bekanntwerden der Vorwürfe für Kritik gesorgt. Ob und welche Konsequenzen sich nun für die Sozialbetreuung ergeben, werde von den Ergebnissen der Ermittlungen abhängen, sagte ein Sprecher der Regierung von Oberbayern.

© SZ vom 21.04.2016 / wim, inra - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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