Restaurant "Banyan":Vietnam und Veltliner

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Stilsicheres Ambiente und hervorragende Küche: das vietnamesische Restaurant Banyan in der Goethestraße. (Foto: Catherina Hess)

Sogar Standards wie Frühlingsrollen und Wan Tan schmecken hier hervorragend: Das vietnamesische Lokal Banyan in der Goethestraße ist ein wunderbar qualitätsvolles Restaurant. Nicht ganz billig, aber mit überraschend reichhaltiger und exotischer Küche.

Von Kurt Kuma

Goethestraße 68? Das sage ihm irgendwas, murmelt der Taxifahrer. Dort sei doch ein Restaurant. "Stimmt, Banyan heißt es." Ah ja, genau, sagt der Fahrer, "so a Chines' hoid". "Ein Vietnamese", merken wir an, "früher hieß es Ha Long, aber der Besitzer hat gewechselt." Woraufhin er stänkert: "Geh, des is doch ois des Gleiche!"

Alles das Gleiche? Mitnichten. Mit dem Frühlingsrollen-Süß-Sauer-Einerlei, das sich oft als asiatische Küche geriert, hat das Banyan nichts, aber auch gar nichts zu tun. Tatsächlich haben wir in der Goethestraße 68 ein wunderbar qualitätsvolles Restaurant erlebt, nicht ganz billig, aber mit überraschend reichhaltiger und exotischer Küche.

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Das Banyan ist ein Ort, an dem man nicht zuletzt auch wegen des verspielten Ambientes eintaucht wie in einen kleinen beglückenden Traum. Beim Betreten des im Souterrain gelegenen Lokals ahnt man, welchen Spaß die beiden Innenarchitektinnen - Stammgäste des Schwabinger Schwesterlokals An Thu, wie man hört - bei der Gestaltung wohl hatten. Vier unterschiedlich ausgeführte Räume, mit breiten arkadenartigen Durchbrüchen verbunden, bilden den vorderen Gastbereich.

Mittendrin liegt ein goldener Quader, darüber leuchten Lampenschirme in warmen Farben und floralen Mustern, riesige lila Schmetterlinge säumen einen Durchgang, und an einer Rückwand blickt ein zuneigungsvoll dreinschauendes Buddhagesicht dem Gast über die Schulter. Das Maximum dessen, was eine Gaststätte an Innenarchitektur aufnehmen kann, ist zweifellos erreicht. Und doch bleibt jedes Detail stilsicher diesseits der Kitschgrenze.

Setzen wir uns also an einen der angenehm schlicht gehaltenen Tische aus massivem Hartholz. Dass die Gerichte auf der Speisekarte nach einem undurchschaubaren System nummeriert werden, ist eine der wenigen Reminiszenzen an die Usancen asiatischer Gaststätten. Schon die ambitionierte Weinliste zeugt vom Anspruch der Banyan-Wirtsleute, eben nicht "ois des Gleiche" zu sein. Tatsächlich ist es ein außerordentliches Vergnügen, ein würzig gekräutertes Fischgericht aus Hanoi mit einem österreichischen Weißburgunder oder einem Sauvignon Blanc zu genießen.

Die Speisen betreffend, hielten wir nach Gerichten Ausschau, die eher nicht zum Standard klassischer vietnamesischer Menü-Listen gehören. Die Hoffnung, dadurch möglichst viel Ehrgeiz des Küchenchefs zu spüren zu bekommen, wurde weitgehend erfüllt. Nummer 77 zum Beispiel, Com Tay Cam (21,80 Euro), kam als unscheinbares kleines Töpfchen an den Tisch und wirkte auf den ersten Blick wie in Reis gerührtes Gemüse mit Fleisch - und das weitgehend saucenfrei. Tatsächlich jedoch verbreitete jeder einzelne Bissen dieses Gerichts schlagartig ein feines, würziges Aroma im Mund.

Für dieses Geschmackswunder findet man auf der Speisekarte eine Erklärung, die allerdings merkwürdig vage bleibt: Austernsauce soll im Spiel sein, und der scharf angebratene Reis soll sein eigenes dazutun. Wie genau das gehen soll, blieb uns (auch angesichts eigener Erfahrungen mit scharf angebratenem Reis) leider bis zum Ende des Töpfchens verborgen.

Angetan waren wir auch von Cha Ca Ha Noi, in Dill mariniertem Seeteufelfleisch mit Reisnudeln, wie es in Hanoi beliebt sein soll (21,50 Euro). Gänzlich unscheinbar klang auf der Speisekarte Vit Rang Me, "Knusprige Ente mit gebratenem Gemüse in Tamarindensauce" (18,90 Euro). Doch lehrte uns dieses Gericht, dass es dank der sanften Süße der Tamarinde eine ernstzunehmende asiatische Konkurrenz zur französischen Canard à l'orange gibt. Vor diesem Gericht sei aber auch gewarnt: Es übertrifft eindeutig das Fassungsvermögen eines europäischen Standardmagens.

Um einen Überblick über die Vorspeisen zu bekommen, probierten wir die gemischten Entrées und erlebten so, dass im Banyan auch Standards wie Frühlingsrollen und Wan Tan schmecken. Doch war es ein kleiner Entensalat mit Limetten, Schalotten und Mango, der uns von der Mischung am meisten begeisterte. Wir entschieden uns bei anderer Gelegenheit daher gezielt für einzelne Vorspeisen, wie Klebereis-Bällchen mit Garnelen- und Mungo-Bohnen-Füllung oder die in München selten angebotenen Soft-Shell-Krebse. Letztere wurden allerdings etwas arg scharf angebraten.

Das Personal im Banyan umsorgte uns engagiert, und das auch bei vollem Haus. Allerdings wurden die Weingläser etwas zu gewissenhaft nachgefüllt. Ob das Sorgfalt war oder Vertriebstaktik? Wahrscheinlich spürte man schlicht unsere Begeisterung für die Kombination von Vietnam und grünem Veltliner.

© SZ vom 03.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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