Heimlich aufgenommene Filmaufnahmen über Missstände in Bio-Hühnerställen dürfen in einem kritischen TV-Beitrag zur Massentierhaltung gezeigt werden. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag in Karlsruhe urteilte, ist die Pressefreiheit und das öffentliche Interesse an den Zuständen der Tierhaltung höher zu bewerten als Ansehen und Ruf des Betreibers der Anlage.
Der Erzeugerzusammenschluss der Fürstenhof GmbH aus Mecklenburg-Vorpommern hatte den MDR wegen eines Beitrags über die Bio-Hühnerhaltung auf Unterlassung verklagt. "Das ist ein guter Tag für die Pressefreiheit und eine Stärkung der investigativen Recherche", sagte MDR-Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi in Leipzig.
Fleischkonsum:Ein staatliches Tierschutz-Label ist bitter nötig
Für Fleischprodukte gibt es viele Etikette, doch sie sind unübersichtlich und halten oft nicht, was sie versprechen. Zeit, das Vertrauen der Verbraucher endlich zurückzugewinnen.
Die Anstalt hatte 2012 in der Reihe ARD Exklusiv und in der Sendung Fakt über Missstände in Bio-Hühnerställen berichtet. In dem Beitrag wurden auch heimlich aufgenommene Aufnahmen verwendet, die ein Tierschützer dem MDR zur Verfügung gestellt hatte. Sie zeigten unter anderem Hühner mit wenigen Federn und tote Hühner. Die Erzeugergemeinschaft hielt die Veröffentlichung für rechtswidrig und verklagte den MDR auf Unterlassung, die Aufnahmen weiter zu verbreiten. Ihr Unternehmerpersönlichkeitsrecht und ihr Recht an der Ausübung des Gewerbebetriebs würden damit verletzt. Ihre Tierhaltung verstoße nicht gegen geltendes Recht. Die vorinstanzlichen Gerichte verurteilten den MDR zur Unterlassung.
Der BGH verwies nun auf den hohen Stellenwert der Pressefreiheit und der Rolle der Medien als "Wachhund der Öffentlichkeit". Zwar könne die Ausstrahlung Ruf und Ansehen des Betreibers beeinträchtigen. Auch werde das Interesse des Klägers berührt, seine "innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten". Dennoch sei die MDR-Veröffentlichung rechtmäßig. Der Sender habe sich an den rechtswidrig erstellten Aufnahmen nicht beteiligt. Der Beitrag stelle die tatsächlichen Bedingungen den von der Klägerin herausgestellten hohen ethischen Produktionsstandards gegenüber. Der BGH betonte, es gehöre zur Aufgabe der Presse, sich mit diesen Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren.