Fleischkonsum:Ein staatliches Tierschutz-Label ist bitter nötig

Lesezeit: 2 min

Gedrängt stehen Schweine am Futtertrog im Stall eines Mastbetriebes. (Foto: picture alliance / dpa)

Für Fleischprodukte gibt es viele Etikette, doch sie sind unübersichtlich und halten oft nicht, was sie versprechen. Zeit, das Vertrauen der Verbraucher endlich zurückzugewinnen.

Kommentar von Katrin Langhans

Das Grauen zeigt sich in vielen Formen: Es ist ein klaffend rotes Loch am Bein der Schweine, eine rosa aufgeblasene Geschwulst am Bauch, eine dreckverschmierte hervorstehende Rippe oder ein schwarzer Stummel Fleisch, wo ein Ringelschwanz sein sollte. Das Grauen nimmt den Schweinebeinen oft die Energie zum Laufen und ihrem Herz manchmal die Kraft zu schlagen.

Wie schlecht es um die Nutztiere in Deutschland steht, zeigt eine Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannover, die belegt, dass etwa 13 Millionen Schweine nicht den Weg zur Schlachtbank schaffen. Sie verenden vorher an ihren Verletzungen oder müssen notgetötet werden. So mies ist ihre Haltung.

Einblicke wie dieser verunsichern Verbraucher: Welches Steak kann man noch kaufen? Im Supermarkt stehen Kunden verloren vor Dutzenden Regional- und Tierschutzlabeln mit lauter Bildern von glücklichen Hühnern, Schweinen und Kühen. Es bleibt unklar, auf welches Etikett man sich wirklich verlassen kann.

Tierhaltung
:Warum deutsche Bauern Schweinen den Ringelschwanz abschneiden

Die Amputationen sind in der EU seit mehr als 20 Jahren verboten. Wer nachfragt, warum die Praxis in Deutschland dennoch so weit verbreitet ist, erhält makabre Antworten.

Reportage von Katrin Langhans

Denn die Auszeichnungen überlässt der Staat bisher der Privatwirtschaft. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat nun angekündigt, sie wolle für Fleisch ein staatliches Label einführen, um für Verlässlichkeit zu sorgen. Sie ist nicht die erste Ministerin, die diesen Vorschlag macht, aber sie könnte die erste sein, der es gelingt.

Die Ausgangsbedingungen sind gut. Einer Umfrage der Georg-August-Universität Göttingen zufolge ist zwei Dritteln der Verbraucher Tierschutz wichtig. Für eine bessere Haltung sind Kunden bereit, gut dreißig Prozent mehr zu zahlen. Und vor etwa zwei Jahren kam der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu dem Schluss, dass bessere Tierhaltung dringend angegangen werden müsse und zudem bezahlbar sei. Das zufriedenere Schweine-Leben - so das Fazit der Agrarexperten - würde hierzulande bis zu 23 Prozent mehr kosten, hochgerechnet bis zu fünf Milliarden Euro im Jahr.

Ein staatliches Label könnte ein erster Schritt sein, um die Haltung der Tiere in Deutschland zu verbessern und das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Das ist bitter nötig, denn der Versuch, der Branche Tierschutz zu überlassen, ist gescheitert.

Die "Initiative Tierwohl" der Branche war bloß eine Mogelpackung

Vor einigen Jahren schlossen sich die Fleischindustrie, die Landwirtschaft und Discounter wie Lidl und Aldi zur "Initiative Tierwohl" zusammen, um das Leben in den Ställen zu verbessern. Tierschützer aber entlarvten das Programm schnell als Mogelpackung: Das Schwein erhielt ein klein wenig mehr Platz und ein Stück Holz zum Spielen. Viel mehr nicht.

Offenbar hat die Initiative Tierwohl nicht einmal die Discounter selbst überzeugt, denn sowohl Lidl als auch Aldi haben zu Beginn des Jahres zusätzlich eigene Label ins Leben gerufen. Von April an gibt es bei Lidl einen vierstufigen Haltungskompass, Aldi zertifiziert die Produkte mit dem Label "Fair&gut". Diese Einzellösungen aber bieten dem Verbraucher keine klare Orientierung.

Klöckner hat nun die Chance, ein einheitliches, glaubwürdiges Konzept einzuführen. Ihr Vorgänger, Christian Schmidt, ist an dieser Aufgabe gescheitert. Sein Label-Entwurf ging kaum über das Gesetz hinaus und landete in irgendeiner Schublade. Wenn Klöckner ihre Ankündigung ernst meint und dieses Mal wirklich konsequente Maßnahmen ergreift, bleibt er auch besser dort.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusVerstöße gegen Tierschutz
:Schlampereien im Schlachthof

McDonald's gehört zu den großen Fleischabnehmern in der deutschen Gastro-Branche. Doch woher stammt das Fleisch? Mindestens 170 Tonnen kamen aus dem Dürener Schlachthof, dem Tierschützer nun grausame Verstöße nachweisen.

Von Katrin Langhans

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: