Pressefreiheit in der Türkei:DW-Interview mit türkischem Minister beschlagnahmt

Pressefreiheit in der Türkei: Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, erwartet von der Türkei, dass sie Videomaterial des Senders herausgibt.

Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, erwartet von der Türkei, dass sie Videomaterial des Senders herausgibt.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Die türkische Regierung hat nach Angaben der Deutschen Welle (DW) die Aufzeichnung eines Interviews konfiszieren lassen.
  • Es handelt sich um Material von einem Gespräch mit dem Minister für Jugend und Sport, Akif Çağatay Kılıç.
  • Ankara weist die Darstellung zurück. Man habe dem TV-Team nach dem Gespräch erklärt, dass das Interview nicht "autorisiert" worden sei.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Vom neuen Entspannungskurs zwischen Ankara und Berlin hat die Deutsche Welle (DW) noch nicht viel zu spüren bekommen. Ein Interview ihres Veteranen-Talkers Michel Friedman mit dem türkischen Sport- und Erziehungsminister Akif Çağatay Kılıç für die Sendung Conflict Zone endete am Montag aus Sicht des Senders jedenfalls in einem "neuen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Türkei".

Nach Angaben der Deutschen Welle habe der Minister die Aufzeichnung nach dem Gespräch konfiszieren lassen: "Nachdem der Minister den Raum verlassen hatte, teilte der Pressesprecher des Ministers überraschend mit, dass die DW das Interview nicht senden dürfe."

Nach Protesten des Teams sei das Material beschlagnahmt worden. Dem DW-Team sei klar bedeutet worden, dass sie das Ministerium nicht mit dem Material verlassen dürften.

Intendant Peter Limbourg wirft Ankara "Nötigung" vor. Der Sender verlangt die Herausgabe des Materials. Eine für Dienstagmittag gesetzte Frist hätten die Behörden verstreichen lassen. Die Deutsche Botschaft in Ankara ist über den Vorgang informiert.

Ein Sprecher des Ministeriums wies auf SZ-Nachfrage zurück, dass das Material konfisziert worden sei. Diese Bezeichnung treffe den Sachverhalt nicht. Man habe dem TV-Team nach dem Gespräch erklärt, dass das Interview nicht "autorisiert" worden sei. Gründe nannte er nicht.

Fragen gingen weit über den erwarteten Rahmen hinaus

Wie die SZ aus regierungsnahen Kreisen in Ankara erfuhr, seien die Fragen Friedmans den Türken weit über den erwarteten Rahmen hinausgegangen. Es habe in erster Linie um den versuchten Putsch vom 15. Juli gehen sollen. Dem Sender zufolge stellte Friedman auch Fragen zu den Verhaftungen nach dem Putschversuch, zur prekären Lage der Presse sowie zur Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft.

Auf die Frage, ob das Ministerium das Material herausgeben werde, wiederholte der Sprecher: "Das Interview ist nicht autorisiert worden."

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