News-of-the-world-Affäre:Blair als Kriegsverbrecher beschimpft

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Alles andere als eine enge Beziehung wäre nicht normal: So beschreibt der britische Ex-Premierminister Tony Blair vor dem News-of-the-world-Untersuchungsausschuss die enge Verbindung seiner Labour-Regierung zur britischen Boulevard-Presse. Mitten in der Befragung stürmte ein Mann in den Gerichtssaal.

Der frühere britische Premierminister Tony Blair ist im Zeugenstand eines Ausschusses zur Untersuchung des Medienskandals um den Murdoch-Konzern von einem Demonstranten beschimpft worden. Der Mann hatte sich von hinten Zugang zur Richterbank verschafft und von dort den verdutzten Ausschussmitgliedern eine Standpauke gehalten.

Blair gilt als persönlicher Freund von Rupert Murdoch. Während seiner Zeit im Amt sei es aber eine "Arbeitsbeziehung" gewesen, so der Ex-Premier. (Foto: Getty Images)

"Dieser Mann ist ein Kriegsverbrecher" sagte er zu Blair, bevor er von Sicherheitsbeamten überwältigt und abgeführt wurde. Richter Brian Leveson ordnete eine sofortige Untersuchung an, wie der Mann in den gesicherten Trakt des Gerichtsgebäudes eindringen konnte. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich ein Eindringling Zugang zu einem anderen Ausschuss verschafft, vor dem gerade Rupert Murdoch und dessen Sohn James aussagten. Er bewarf Rupert Murdoch mit einer Torte aus Rasierschaum, verletzte aber niemanden.

Blair, von 1997 bis 2007 britischer Premierminister, war vor den Ausschuss geladen worden, um das Verhältnis von Medien und Politik zu beleuchten. Seiner Labour-Regierung wurde wiederholt eine zu große Nähe zum Medienimperium von Rupert Murdoch nachgesagt, dem "News of the World" angehörte.

"Ein enger Austausch" sei "unvermeidlich"

Blair gilt als persönlicher Freund von Rupert Murdoch. Während seiner Zeit im Amt sei es aber eine "Arbeitsbeziehung" gewesen, sagte Blair. Erst danach sei das Verhältnis enger geworden - unter anderem ist Blair auch Patenonkel eines der Kinder Murdochs. "Ein enger Austausch" zwischen Politikern und ranghohen Medienvertretern sei außerdem "unvermeidlich", so Blair weiter. Alles andere wäre merkwürdig.

"Ich habe die strategische Entscheidung getroffen, mit diesen Menschen umzugehen und sie nicht anzugreifen", sagte Blair dem Vorsitzenden Richter Brian Leveson. "Ich sage nicht, dass ich Angst vor ihnen hatte, aber wenn man entscheidet, gegen sie vorzugehen, wird alles zur Seite gedrängt. Es hätte eine große Schlacht ohne Garantie auf den Sieg gegeben."

Wahlkampagne der Murdoch-Blätter verhalf Blair an die Macht

Er habe neben Murdoch auch zu anderen Medienunternehmern Kontakt gehalten, die ihm das Leben hätten schwer machen können, wenn sie mit seinen Positionen unzufrieden gewesen wären, sagte Blair. Er habe jedoch keine Vereinbarung mit Murdoch getroffen, weder "implizit noch explizit".

Murdochs Boulevardzeitungen wie etwa die "Sun" hatten ihm mit gezielten Kampagnen 1997 an die Macht verholfen. Bei der Wahl 2010 wandte sich Murdoch jedoch von Blairs Labour-Partei ab und unterstützte die Konservativen von David Cameron.

Die Regierung von Cameron ist massiv unter Beschuss geraten, nachdem zahlreiche Treffen und ein intensiver E-Mail-Verkehr zwischen Regierungspolitikern und Managern sowie Lobbyisten des Murdoch-Konzerns bekanntgeworden waren. Ausgang für die Untersuchungen war die Affäre um abgehörte Telefone und bestochene Polizisten, die auch zur Schließung des Murdoch-Skandalblattes "News of the World" geführt hatte.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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