Donald Trump:Trumps Krieg mit der vierten Gewalt

Donald Trump Holds Meetings At Trump Tower

"Nein, Sie bekommen keine Frage": Donald Trump während seiner Pressekonferenz im Trump Tower in New York.

(Foto: Timothy A.Clary/AFP)
  • Das Verhältnis des gewählten Präsidenten der USA, Donald Trump, zu den Medien ist angespannt.
  • Auch Barack Obama hatte Probleme mit den Reportern in Washington. Sie beschwerten sich, dass er sich zu selten ihren Fragen stellte.
  • Trotzdem hat er nie den Respekt vor dem unabhängigen Journalismus verloren, während sein Nachfolger Lügenvorwürfe streut.

Von Reymer Klüver

Donald Trumps Verhältnis zu den Medien, genauer gesagt zu den seriösen Nachrichtenmedien, als angespannt zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung. Es ist schlicht zerrüttet.

Noch ehe der neue Präsident sein Amt überhaupt angetreten hat. Das hat Gründe. Nicht gerade förderlich war sicherlich der Umstand, dass Trump sich fast ein halbes Jahr lang keinen Fragen gestellt hatte, jedenfalls nicht in einer regulären Pressekonferenz. Auch dass er die Medien generell in seinen Tweets regelmäßig beschimpfte, war wenig hilfreich. Doch dann kam Mitte der Woche die turbulente erste Pressekonferenz Trumps nach seiner Wahl zum Präsidenten.

Angespanntes Verhältnis zur Presse kein alleiniges Trump-Problem

Da beschimpfte er den durchaus renommierten Kabelsender CNN als "schreckliche Organisation" und verweigerte dessen Reporter das Recht, überhaupt eine Frage zu stellen. Selbst der Trump sonst wohlgesonnene Sender Fox News tadelte ihn scharf. Journalisten sollten nicht "durch den gewählten Präsidenten verächtlich gemacht und ihrer Legitimität beraubt" werden, mahnte ein Moderator.

Auch der National Press Club beklagte Trumps Verhalten: "Präsidenten sollte es nicht erlaubt werden, ihre Entscheidung darüber, wessen Frage sie beantworten, davon abhängig zu machen, für welche Medienorganisation der Reporter arbeitet." Die New York Times konstatierte, Trump habe die Normen, die den Umgang amerikanischer Präsidenten mit der Presse bisher bestimmt hätten, über den Haufen geworfen. Der neue Präsident, so schrieb das Blatt, habe mit den amerikanischen Medien schlicht einen "Krieg" begonnen.

Spannungsfrei war das Verhältnis der amerikanischen Präsidenten zur Presse indes nie. Selbst der eigentlich so mediengewandte Barack Obama hatte seine Probleme. Gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft hatten Obamas Presseleute dem Kabelkanal Fox News die Berechtigung abzusprechen versucht, bei Pressekonferenzen überhaupt Fragen zu stellen. Nicht so verächtlich wie Trump gegenüber CNN-Mann Jim Acosta, einem gestandenen Fernsehreporter, dessen Wortmeldung er mit einer herablassenden Handbewegung beiseitewischte und dessen Sender er als "Fake News" abkanzelte. Doch die Intention war vergleichbar.

Sie war ebenfalls Ausdruck einer Riesenwut über eine als ungerecht empfundene Berichterstattung. Damals empörte sich das Weiße Haus über die rechte Propaganda von Fox News, dessen kommerzieller Erfolg darauf gründet, dass der Sender eben nicht ausgewogen berichtet, sondern die politische Rechte im Land bedient. Damals solidarisierten sich liberale Medienleute mit ihren Fox-Kollegen. Und es blieb beim Versuch des Weißen Hauses, einen Journalisten oder gar eine Medienorganisation von Pressekontakten auszuschließen.

2014 gab Obama fünf Pressekonferenzen

Doch wirklich entspannt wurde das Verhältnis zwischen Obama und den Reportern im Weißen Haus nie mehr. Immer wieder beklagten sie sich, dass Obama sich selten ihren Fragen stellte. So waren es zum Beispiel im Jahr 2014 fünf Pressekonferenzen, was die White House Correspondents' Association, der Verein der akkreditierten Reporter im Weißen Haus, als eindeutig zu wenig einstufte.

Und wenn Obama sich dann endlich ihren Fragen stellte, dann nervte es sie ungemein, dass er stets lange, dozierende Antworten gab. Mit dem Ergebnis, dass weniger Zeit für Fragen blieb. Die Columbia Journalism Review kommt in einer Studie aller Pressekontakte, die der Präsident in jenem Jahr mit Medienleuten hatte, zu dem Ergebnis, dass Obama und seine Entourage bewusst den Kontakt mit den Medien einschränkten und kaum Einblick in die politischen Entscheidungsprozesse im Weißen Haus gewähren wollten.

Obamas Umgang mit den Medien (und mit Medienleuten) blieb bis in die letzten Tage seiner Präsidentschaft eher distanziert. Ein freundschaftliches Verhältnis mit einem Journalisten, wie es etwa John F. Kennedy mit dem damaligen Washingtoner Büroleiter des Nachrichtenmagazins Newsweek, Ben Bradlee, unterhielt, war bei Obama unvorstellbar.

Kennedy, nur zum Vergleich, gab als Präsident deutlich mehr Pressekonferenzen: im Schnitt 23 pro Jahr. Auch andere Präsidenten pflegten einen lockeren Umgang mit Journalisten. Jimmy Carter spielte mit einigen Softball, Bill Clinton verabredete sich zu Hintergrundrunden. Selbst George W. Bush, der im Land so Unbeliebte, hatte ein unverkrampftes Verhältnis zu den Fragestellern, bedachte eine ganze Reihe sogar öffentlich mit Spitznamen, die er sich für sie ausgedacht hatte - was die ihm keineswegs krummnahmen.

Und alle Präsidenten, egal ob Republikaner oder Demokrat, akzeptierten die Medien als Fourth Estate, als vierte Gewalt im Staat, deren Aufgabe ausdrücklich die Kontrolle der Regierenden ist - und zu deren Job es gehört, anderer Meinung zu sein.

Palin, Kämpferin für rechte Nachrichtenmedien

Politischer Journalismus ist in den USA durchaus angesehen. Das hat viel mit der Geschichte zu tun. Denn dass das Land überhaupt eine demokratische Verfassung bekommen hat, liegt nicht zuletzt an einer Reihe von insgesamt 85 Artikeln, die 1787 und 1788 in New Yorker Zeitungen veröffentlicht wurden und um Zustimmung für den Verfassungsentwurf warben. Das First Amendment, der erste Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung, drei Jahre später verabschiedet, garantierte dann ausdrücklich die Pressefreiheit.

Doch der traditionelle Respekt vor unabhängigem Journalismus hat sich bei den neuen Rechten in den USA längst in tiefes Misstrauen und Verachtung verwandelt. Etablierte Blätter wie die New York Times und Sender wie NBC oder CNN verschmähen sie als Mainstream Media und loben stattdessen die neuen rechten Kampfmedien wie Breitbart News, die gar nicht erst versuchen, objektiv und fair zu berichten. Deren bisheriger Betreiber und Chefideologe Stephen Bannon wird nun Trumps ranghöchster Berater im Weißen Haus.

Eine der lautstärksten Medienverächterinnen auf der Rechten ist die einstige Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner, Sarah Palin. Sie lobte Trump nach dessen Pressekonferenz überschwänglich mit einem langen Eintrag auf ihrer Facebook-Seite, der sich wie ein Manifest über den künftigen Umgang mit den Medien liest. Trump habe sich furchtlos mit den "korrupten, lügnerischen Schoßhund-Medien" angelegt - womit eben die etablierten Medien gemeint waren. "Diese ,Journalisten'", wütet Palin weiter und setzt bewusst die Anführungszeichen, seien allesamt "schlechte Charaktere" und würden der Nation enorm schaden. Aber nach Trumps Pressekonferenz sei immerhin eines klar: "Wir betrachten diese Reporter und ihre Veröffentlichungen von nun an als irrelevant."

Donald Trump über Journalisten, Wahlrede in Erie am 12. 8. 2016

"Diese Menschen sind die niedrigste Form des Lebens, ich sag's euch. Sie sind die niedrigste Form der Menschheit."

Lügenpresse-Vorwurf auf amerikanisch

Das hatte der künftige amerikanische Präsident zwar so nicht gesagt, danach gehandelt hat er aber, als er eine Frage nach seinen noch immer nicht veröffentlichten Steuerunterlagen mit der Bemerkung beiseiteschob, die interessierten doch nach seiner Wahl endgültig niemanden mehr - "nur die Reporter". Wie zähneknirschend auch immer: Trumps Vorgänger hatten nie das Recht der Medien infrage gestellt, ihnen Fragen zu stellen und auf einer Antwort zu bestehen. Trump tut das.

Und so schrill Palins Medienschelte klingen mag, so ähnlich äußert sich auch der künftige Präsident über die Presse, wenn er in seinen Tweets immer und immer wieder über die "unehrlichen Medien" herzieht und ab und an zur Verstärkung in seine Handy-Tastatur hämmert: "Media is fake!" - die Medien schwindeln. Es ist der Lügenpresse-Vorwurf auf amerikanisch - und künftig kommt er wohl auch aus dem Weißen Haus.

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