ARD:Vorsicht, Weihnachtsbotschaft im "Tatort"!

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Hochschwanger wurde Rumänin Tida von der Bettlermafia nach München geschickt - Schwester Anuscha hilft ihr, als die Wehen einsetzen. (Foto: dpa)

Die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr ermitteln gegen eine Bettlerbande. Episoden, in denen soziale Missstände durchdekliniert werden, sind oft furchtbar. Doch dieser Fall packt emotional.

TV-Kritik von Katharina Riehl

Der Weihnachts- Tatort aus München will die unerfreulichen Seiten des Lebens in den Mittelpunkt stellen, was ehrlicherweise zum Abschluss dieses Jahres nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Zu Beginn dieser Geschichte kommt ein Kind auf die Welt, ein kleiner Junge, geboren in einem dreckigen Wäschekeller, seine sehr junge und ebenso arme Mutter trägt ihn in ein Laken gewickelt nach draußen in die Münchner Fußgängerzone.

Ein Baby zu Weihnachten, aber eben keine Weihnachtsgeschichte, denn nur ein paar Stunden später liegt das Neugeborene auf dem Stahltisch des Gerichtsmediziners.

"Klingelingeling" (Buch: Dinah Marte Golch, Regie: Markus Imboden) spielt im Milieu rumänischer Bettlerbanden und ist insofern natürlich ein klassischer Problem- Tatort. Verzweifelte Menschen aus Osteuropa werden in München auf die Straße gesetzt, alle paar Stunden kommt einer vorbei, um das erbettelte Geld einzusammeln; wenn das Ergebnis im Pappbecher nicht stimmt, gibt es Prügel. Die Behörden wissen das alles genau, haben aber leider keine Handhabe.

Nicht alle Bettler gehören zu fiesen Banden

Solche Tatort-Episoden sind oft wirklich sehr schrecklich, wenn soziale Missstände pflichtschuldig durchdekliniert werden wie aus einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung. Auch hier, im vorweihnachtlich saukalten München, soll der Zuschauer etwas lernen über den Zustand der Welt. Deshalb schenkt Kommissar Leitmayr den netten bayerischen Pennern vom Friedhof auch einen scheußlichen Plastikweihnachtsbaum und einen Stollen, weil - Vorsicht, Weihnachtsbotschaft - natürlich nicht alle Bettler zu fiesen Banden gehören und manche unsere Großzügigkeit sehr wohl verdient haben.

Doch der Film ist nicht nur pädagogisch, er ist auch emotional. Die beiden in großer Würde ergrauten Kommissare Batic und Leitmayr streifen in dunklen Mänteln und mit ernsten Mienen durch ihre Stadt auf der Suche nach der Mutter des toten Kindes, auf der Suche nach den Schuldigen an seinem Tod. Batic und Leitmayr sind nicht lustig wie die Kollegen in Münster, nicht so aufgedreht wie das Team in Hessen; sie sind, was man am ehesten warmherzig nennen könnte.

Ganz am Ende trinken Batic und Leitmayr Schnaps auf dem Hof eines rumänischen Bauern. Der trauert um sein Enkelkind, das in einem fremden Land nur ein paar Stunden alt werden durfte. Frohe Weihnachten!

ARD, 26. Dezember, 20.15 Uhr.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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