Abhörskandal in Großbritannien:Ex-Pressesprecher von Premier Cameron wird angeklagt

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Acht Angeklagte, 19 Anklagepunkte: Im Abhörskandal bei "News of the World" macht die Staatsanwaltschaft London nun Ernst. Unter den Angeklagten sind auch Andy Coulson, der frühere Medienberater von Premierminister Cameron, und die Murdoch-Vertraute Rebekah Brooks.

In der Abhör-Affäre um das britische Skandalblatt News of the World ist der frühere Pressesprecher des britischen Premierministers David Cameron, Andy Coulson, am Dienstag angeklagt worden.

"Extrem enttäuscht": Andy Coulson, früherer Chefredakteur von News of the World, im Mai 2012. (Foto: dpa)

Aufgrund der Beweislage gebe es eine realistische Aussicht auf Verurteilung in Zusammenhang mit einem oder mehreren Delikten, erklärte die Staatsanwaltschaft. Insgesamt wurde gegen acht Verdächtige im Zusammenhang mit der Affäre Anklage erhoben, hieß es. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

Während Coulsons Zeit als Chefredakteur der inzwischen eingestellten Boulevardzeitung sollen Journalisten des Blatts die Telefone zahlreicher Prominenter und Politiker abgehört und Polizisten bestochen haben. Unter den Betroffenen sollen auch die Schauspieler Angelina Jolie, Brad Pitt und Jude Law sein. Coulson hatte vor kurzem vor dem Untersuchungsausschuss zur Ethik der britischen Presse, der nach dem Skandal eingerichtet wurde, versichert, nichts von den illegalen Abhöraktionen in seiner Zeitung gewusst zu haben. Am Dienstag sagte er, er sei "extrem enttäuscht" über die Anklage gegen ihn. News of the World habe stets im Namen der Opfer von Verbrechen gearbeitet, so Coulson laut Guardian vor seinem Londoner Wohnsitz. Außerdem habe er nichts getan, um die Ermittlungen im Mordfall Milly Dowler zu behindern, zitiert das Blatt Coulson.

In der Affäre war auch Premierminister Cameron unter Druck geraten. Er hatte Coulson eingestellt, obwohl dieser wegen des Skandals hatte zurücktreten müssen.

Neben Coulson sind unter anderem auch der ehemalige Leiter des Teams News, Ian Edmondson, sowie Neville Thurlbeck, früherer Chefreporter von News of the World, den früheren Redaktionsleiter Stuart Kuttner, den ehemaligen Redakteur Greg Miskiw, und der Reporter James Weatherup angeklagt. Außerdem geht die Staatsanwaltschaft gegen Privatdetektiv Glenn Mulcaire vor, der 2007 bereits eine Haftstrafe verbüßte, nachdem er Nachrichten von Mitgliedern des britischen Königshauses abgefangen hatte.

Zu den weiteren angeklagten früheren Journalisten der News of the World gehört laut Staatsanwaltschaft auch die langjährige Vertraute von Medienzar Rupert Murdoch, Rebekah Brooks. Sie gilt als persönliche Freundin des britischen Premiers und hatte im Untersuchungsausschuss ihr enges freundschaftliches Verhältnis zu Premier Cameron dargelegt.

Gegen Brooks und fünf weitere Beschuldigte, darunter Brooks' Ehemann Charlie, einen Schulfreund Camerons, hatte die Staatsanwaltschaft bereits Mitte Mai erste Anklagen wegen versuchter Verschleierung von Straftaten erhoben. Es besteht der Verdacht, dass alle sechs Angeklagten die Aufklärung des Skandals zu verhindern versuchten, indem sie kistenweise Dokumente beiseite schafften. Die neuen Anklagen beziehen sich auf die Abhöraktionen selbst. Zu den Vorwürfen und der Anklage äußerte Brooks sich bereits in einem kurzen Statement: "Ich bin unschuldig. Ich habe weder von Lauschangriffen auf Telefone gewusst, noch solche bewilligt."

Coulson war von 2003 bis 2007 Chefredakteur von News of the World, Brooks von 2000 bis 2003. Im Januar 2011 trat Coulson im Zusammenhang mit dem Abhörskandal als Pressesprecher Camerons zurück.

Der 81 Jahre alte Murdoch hatte vergangene Woche bekanntgegeben, den Aufsichtsrat von News International sowie weitere Positionen bei seinen Zeitungstiteln zu verlassen. Das sei Teil der Neuordnung von News Corp., hatte es geheißen. Der Konzern soll innerhalb des kommenden Jahres in das profitablere Film- und Fernsehgeschäft und das zuletzt schrumpfende Verlagsgeschäft aufgespalten werden.

© Süddeutsche.de/AFP/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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