Schwimmbadverbot für Flüchtlinge:Klare Regeln statt pauschaler Verbote

Info-Kampagne der Münchner Bäder

Auch eine wichtige Baderegel: Keine sexuelle Belästigung!

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein Schwimmbadverbot für Asylbewerber ist rassistisch und schwer umzusetzen. Stattdessen muss schon in den Baderegeln stehen: Sexuelle Belästigung ist nicht akzeptabel.

Kommentar von Barbara Vorsamer

Das Mädchen will einfach nur schwimmen, Bahnen ziehen, denn das ist gut für den Rücken und verbraucht hoffentlich viele Kalorien. Doch die Jungs lassen sie nicht. Sie tauchen unter ihr durch. Sie arschbomben in ihre Spur, lachen, als sie versucht, auszuweichen. Als sie entnervt das Becken verlässt und Richtung Duschen marschiert, rempeln sie sie an und pfeifen ihr nach: "Hey, Süße!", "Sexyyyy!"

Wollen Sie nun wissen, welche Nationalität die Arschbomber hatten? Das Mädchen - es handelt sich um die Autorin - weiß es nicht. Sie kann Vorurteile insofern bestätigen, dass die meisten der Männer dunkle Haare und eine etwas dunklere Haut hatten, es war aber auch ein käseweißer Rempler dabei. Teil der aktuellen Flüchtlingswelle waren sie sicher nicht, denn die Szene trug sich Mitte der Neunziger Jahre in einem Münchner Schwimmbad zu. Dass Frauen in Schwimmbädern sexuell belästigt werden ist kein Phänomen, das erst im vergangenen Jahr mit den Hunderttausenden Flüchtlingen nach Deutschland kam.

Die rempelnden Jungs von damals wären heute vermutlich ohne Probleme ins Bornheimer Schwimmbad gekommen - obwohl die Stadt in der Nähe von Bonn vergangenen Donnerstag ein einwöchiges Badeverbot für Flüchtlinge erlassen hat. Den Angaben zufolge haben dort mehrere Asylbewerber Frauen belästigt, Bornheims Sprecher Rainer Schumann bezeichnete die Maßnahme als "erforderlich, um, Besucher und Mitarbeiter des Schwimmbades zu schützen."

Es gibt berechtigte Zweifel, ob diese Maßnahme juristisch haltbar ist. Ja, Schwimmbadbetreiber haben das Hausrecht und können jeden, der sich nicht an die Regeln hält, rauswerfen und ihm künftig den Zugang verweigern. Doch eine ganze Gruppe von Menschen von vornherein ausschließen, weil sich einige von ihnen etwas zu schulden kommen lassen? Nach der Logik dürfe man generell keine Gruppen männlicher Teenager ins Schwimmbad lassen - egal welcher Nationalität.

Sexisten erkennt man nicht am Schwimmbadtor

Ein Badeverbot nur für Flüchtlinge ist ganz klar rassistisch, wäre es selbst dann, wenn Flüchtlinge tatsächlich als solche erkennbar sind. Das sind sie aber gar nicht, weswegen durch eine Pauschalmaßnahme wie in Bornheim alle Männer mit dunkler Haut und dunklen Haaren unter Verdacht gestellt werden. Wie soll das Schwimmbadpersonal Flüchtlinge von Menschen mit deutschem Pass und Migrationshintergrund unterscheiden? Und warum eigentlich?

Es gibt Männer mit dunkler Haut, die Frauen nicht belästigen und es gibt Männer mit blonden Haaren, die anzügliche Sprüche in der Sauna loslassen oder grapschen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen.

Eine Lösung für dieses Dilemma sind Baderegeln, die über das alte "Bitte nicht von der Seite einspringen" hinausgehen. Die Stadtwerke München, die mehrere Schwimmbäder in der Stadt betreiben, setzen das seit zwei Jahren um.

Auf Plakaten werden die Regeln deutlich gemacht: dass es nicht erlaubt ist, in Unterwäsche zu schwimmen. Dass Frauen zu respektieren sind, egal welche Art von Badebekleidung sie tragen. Dass den Anweisungen des Badepersonals Folge zu leisten ist und dass schwimmen können sollte, wer ins tiefe Wasser geht. Um Missverständnisse zu vermeiden und Sprachbarrieren zu überwinden, sind die Flyer auch in anderen Sprachen erhältlich und sicherheitshalber in Piktogrammen dargestellt. Der Stadtwerke-Sprecherin Bettina Hess zufolge ist das Feedback auf die Kampagne durchweg positiv.

Auch eine Pflichtbelehrung ist rassistisch - aber akzeptabel

Einen Schritt weiter geht die Stadt Hermeskeil bei Trier, die Flüchtlingen nicht nur die Baderegeln übersetzt hat, sondern sie auch noch zu einer Belehrung über Sicherheits-, Hygiene- und Verhaltensregeln im Schwimmbad einlädt. Nur Asylbewerber, die daran teilgenommen und einen Badepass unterschrieben haben, dürfen ins Bad. Wer es ganz genau nimmt, findet auch diese Maßnahme rassistisch, weil sie an verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Ansprüche stellt - die einen brauchen einen Badepass, um schwimmen zu dürfen, die anderen nicht.

Doch es ist ein akzeptabler Kompromiss. Die Teilnahme an einer kurzen Infoveranstaltung ist zumutbar, weil es eben tatsächlich so ist, dass nicht jeder wenige Wochen nach Ankunft in Deutschland bereits alle Details des hiesigen gesellschaftlichen Zusammenlebens kennt. Asylbewerber sollen auch die deutsche Sprache lernen, die Gepflogenheiten in deutschen Supermärkten und wie man Formulare für Behörden ausfüllt - warum also kein Heranführen an die Baderegeln?

Denn damit diese für alle gelten können, müssen sie auch von allen verstanden werden. Danach geht es darum, sie umzusetzen und auf sexuelle Belästigung ein individuelles Hausverbot folgen zu lassen, egal von wem sie ausgeht - und nicht nur darauf zu achten, ob jemand seitlich vom Beckenrand springt.

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