Herzogin Kate:Die inszenierte Mühelos-Geburt

Lesezeit: 2 min

Nur wenige Stunden nach der Geburt zeigt sich Herzogin Kate den Fotografen - frisch geschminkt und offenbar plötzlich erschlankt. Unsere Autorin wundert sich, warum von Frauen solch ein Verhalten erwartet wird.

Von Kerstin Lottritz

Als die Herzogin von Cambridge nur sieben Stunden nach der Geburt ihres dritten Kindes vor die Tür des St. Mary's Hospital in London tritt, präsentiert sie sich der Presse perfekt gestylt. Ihre berühmten Kate-Wellen wehen leicht im Wind, die Augen strahlen mit Hilfe der nötigen Portion Lidschatten und Mascara, die Wangen leuchten zartrosa und in dem roten Kleid mit weißem Bubikragen wirkt sie so, als wäre sie nie schlanker gewesen. In mindestens sieben Zentimeter hohen Highheels schreitet Kate sicheren Fußes eine Treppenstufe hinab und winkt mit dem königlichen Baby auf ihrem Arm den Fotografen zu.

Anderthalb Minuten dauert der Auftritt. Die Bilder, die die königliche PR-Maschinerie damit um die Welt schickt, zeigen eine Frau kurz nach der Geburt, die nicht nur super fit, sondern auch super schick aussieht. Stundenlange Wehen und die Folgen des Pressens, die Schmerzen der Geburtsverletzungen - das hat Kate in kürzester Zeit scheinbar mühelos hinter sich gelassen. Ihre Stylistin hat das alles mit dem richtig geschnittenen Kleid und den Pinselstrichen im Gesicht wegretuschiert. Nur der Wind, der das rote Kleid um ihre Körpermitte flattern lässt, offenbart für einen kurzen Moment, dass selbst die Herzogin kurz nach der Entbindung natürlich doch noch keinen flachen Bauch hat.

Selbst wenn sich Kate nach den anderthalb Minuten schnell wieder erschöpft ins Bett gelegt haben sollte - Frauen und Männern auf der ganzen Welt fragen sich nach solchen Bilder: Wieso jammern Mütter nach einer Geburt überhaupt so lange rum? Wieso brauchen die meisten mindestens ein Jahr, um die Schwangerschaftskilos wieder zu verlieren? Wieso kann nicht jede Frau eine Kate sein?

Britisches Königshaus
:Warum sich Kate und William die Kevin-Frage nicht stellen müssen

Noch weiß man nicht, wie die neue Nummer fünf der Thronfolge heißen wird. Doch die Auswahl an Vornamen für britische Prinzen ist begrenzt.

Von Kurt Kister

Es ist bereits das dritte Mal, dass Kate dieses PR-Spiel mitmacht. Egal, ob freiwillig oder gezwungenermaßen: Warum muss man im Jahr 2018 immer noch so tun, als sei eine Geburt nichts weiter als ein Kaffeekränzchen und die 40 Wochen vorher nichts gewesen? Früher wurde von den Frauen erwartet, dass sie Stunden nach der Entbindung wieder zurück aufs Feld gehen, um zu arbeiten - heute wird offenbar erwartet, dass sie im Nu hübsch anzusehen sind. Während der Schwangerschaft darf die Frau ihren wachsenden Bauch noch für Instagram groß und rund inszenieren, nach der Geburt soll selbiger aber bitte in Sekunden wieder verschwunden sein.

Hebammen raten dazu, das Wochenbett nicht nur ernst zu nehmen, sondern wirklich im Bett zu bleiben und sich zu erholen. Wie soll man denn arbeitsrechtlich den achtwöchigen Mutterschutz rechtfertigen, wenn die Mütter noch am Tag der Geburt auf Highheels rumlaufen?

Mag sein, dass die britische Herzogin sich für einen Moment als die Superfrau ohne Schwangerschaftsfolgen darstellen kann, doch die Realtität sieht anders aus - das zeigt auch das Beispiel der Bloggerin Leandra Medine. Die US-Amerikanerin schreibt normalerweise über Mode, ist damit so berühmt geworden, dass sie auf Fashion Weeks selbst im Blitzlichtgewitter steht. Sie hat als eine von wenigen Prominenten ein Tabu gebrochen: Auf ihrem Blog "Man Repeller" hat sie über ihre Fehlgeburten, künstlichen Befruchtungen und ihre Schwangerschaft mit Zwillingen geschrieben, auf ihrem privaten Instagram-Account Stories über die Veränderungen ihres Körpers nach der Geburt veröffentlicht.

Wer geht schon offen mit der Verzweiflung und der Trauer um, wenn der Körper nicht so funktioniert, wie es die Natur bestimmt hat? Wer traut sich, wenigstens unter Freunden zu sagen, dass die Beine Dellen haben und der Bauch in Falten hängt? Leandra Medine zeigt Fotos ihrer Füße, die so angeschwollen sind, dass die Knöchel nicht mehr zu erkennen sind. Auch spricht sie offen darüber, dass sie nach der Entbindung Windeln tragen musste, weil sie die Kontrolle über ihre Blase verloren hatte. Das ist ein ehrlicher Umgang mit den Folgen einer Schwangerschaft und Geburt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Geburtshilfe
:Wie das Leben beginnt, geht uns alle an

Was ist eine gute Geburt? Eine, die Mütter als solche empfinden. Hebammenmangel und Kreißsaalschließungen sind daher nicht hinnehmbar.

Kommentar von Meredith Haaf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: