Zum Tod von Francesco Rosi:Zeuge der Wirklichkeit

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Der Regisseur Francesco Rosi, 1922 in Neapel geboren, mit dem Goldenen Löwen für "Hände über der Stadt". (Foto: Claudio Onorati/dpa)

Mit dem Film "Wer erschoß Salvatore G.?" wurde italiens großer Kino-Ermittler berühmt. Seine Verbrecherstudien waren auch Vorbild für die Regisseurkollegen Scorsese und Coppola, bei "Goodfellas" und beim "Paten".

Von David Steinitz

Ein leidenschaftlicher Sozialist, da wurde der Vater schon misstrauisch - aber auch noch ein süchtiger Kinogänger? Nein, sagte also der Papà, als Francesco Rosi Ende der dreißiger Jahre an die Filmhochschule wollte, du gehst mir schön auf die juristische Fakultät. Dabei war der Vater doch selbst schuld an den kinematografischen Lustzuständen des Sohnes: Kaum konnte der Junge laufen, schleppte er ihn in die kleinen, verrauchten neapolitanischen Kinos, wo überlebensgroß die schönsten Frauen und stärksten Männer des frühen Films den kleinen Franco verhexten.

Der Regisseur Francesco Rosi, 1922 in Neapel geboren, ist ein Kind der künstlerischen wie politischen Urerschütterungen des 20. Jahrhunderts. Kino und Krieg prägten seine Jahre als Jugendlicher und junger Erwachsener. Nachdem die Faschisten aus Deutschland und der eigenen Heimat den ganzen Kontinent vergewaltigt hatten, gab es für Rosi nach 1945 kein zurück mehr ins Jurastudium - mit den Mitteln des Kinos wollte er die Menschen erforschen, ihren Wahn, aber auch ihren unbändigen Überlebenswillen.

Abrechnung mit Nachkriegsitalien

Als "Cine-inchiesta", als Kino-Untersuchung, hat er den Stil seiner frühen Filme bezeichnet, besonders meisterlich ausgeführt in "Wer erschoss Salvatore G." im Jahr 1962. Dieser Film wurde sein großer internationaler Durchbruch. Eine gnadenlose Abrechnung mit dem angeblich geläuterten Nachkriegsitalien, wo die Faschisten aber trotzdem noch an jeder Ecke lauerten - der Film deshalb ein Schock, ein Skandal.

Gelernt hatte Rosi seine seziererischen Inszenierungsmethoden als Regieassistent von Feldwebel Luchino Visconti. Der brachte dem Jungen bei, dass man sich nichts scheißen braucht in dieser Welt, nach diesem Krieg - und vor allem nicht in diesem Italien. Ihre erste gemeinsame Arbeit war "La terra trema/Die Erde bebt", 1948. Visconti kannte keine Gnade, ein dreistündiger Bilderreigen aus einem kleinen Fischerdorf, komplett in sizilianischem Dialekt gedreht und ohne jegliche dramaturgische Pointe.

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Spezialist für knallharte Mafia-Filme

Rosi war entzückt von dieser Dreistigkeit - wollte dann aber selbst doch nicht derjenige sein, der die Zuschauer zu Tode langweilt. In seinen eigenen Filmen mixte er die Realitätslust des italienischen Nachkriegsfilms deshalb mit der amerikanischen Lust am Entertainment, Elia Kazan und John Huston hatten es ihm besonders angetan, bald wurde er zum Spezialisten für knallharte Mafia-Filme. Verbrecherstudien wie "Lucky Luciano", 1973, haben den wilden Jungs des New Hollywood, Scorsese und Coppola, die sich für ziemlich harte Kerle hielten, den Mund offen stehen lassen. Rosi wurde ihr erklärtes Vorbild, für die "Goodfellas", den "Paten".

Später hat er sich immer mehr von seinem dokumentarischen Spielfilmstil verabschiedet und die Politik im Poetischen gesucht - und umgekehrt. Er drehte das Märchen "Schöne Isabella" mit Sophia Loren und Omar Sharif, verfilmte 1984 "Carmen" mit Julia Migenes und Plácido Domingo. "Film", sagte er bei einem Besuch beim Filmfest München 2001 einmal, "ist das stärkste Kommunikationsmittel. Weil der Film das Zeugnis der Wirklichkeit mit Poesie verbindet." Am Samstag ist Francesco Rosi im Alter von 92 Jahren an den Folgen einer Bronchitis gestorben.

© SZ vom 12.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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