Zum 80. Geburtstag:Kein anderer hat es in Hollywood mit weniger Filmen weiter gebracht

Warren Beatty wird 80

Er galt lange als der mächtigste Mann von Hollywood, es konnte nur keiner erklären, wieso: Warren Beatty. Hier 1967 als Gangster Clyde Barrows im Kinofilm "Bonny und Clyde".

(Foto: dpa)

Schauspieler, Autor, Regisseur, Verführer: Warren Beatty wird achtzig und widmet sich in seinem neuen Film dem Exzentriker Howard Hughes.

Von Susan Vahabzadeh

Warren Beatty war immer das Glückskind von Hollywood, aber im Moment hat er eine Pechsträhne. Da war der spektakuläre Auftritt bei den Oscars, als der größte aller Frauenhelden seinem "Bonnie & Clyde"-Co-Star Faye Dunaway den vermaledeiten Zettel hinhielt, von dem er schon wusste, dass damit irgendetwas faul war und es dann geschehen ließ, dass sie "La La Land" als Oscar-Sieger verkündete. Und dann waren die zehn Jahre wieder mal fast um, die Beatty braucht, um einen Film zu machen. Der neue handelt von Howard Hughes, "Rules Don't Apply", er spielt ihn selbst, was sehr viel Sinn ergibt, denn Beatty, hat seine große Schwester Shirley MacLaine einmal ausgeplaudert, hat schon als Kind gern viel Zeit in Schränken verbracht. Er habe, hat sie über ihn geschrieben, "schon als Kind seine eigene Welt gehabt, in die niemand hereindurfte".

Er erkennt vielleicht sich selbst in Howard Hughes wieder, dessen Exzentrik ihn schon fasziniert hatte, als er als junger Schauspieler im selben Hotel wohnte wie Hughes, dieser Sonderling, der gern aus dem Off die Fäden zog. "Rules Don't Apply" ist in den USA beim Start ein bisschen untergegangen, zwei Wochen nach den Wahlen. Donald Trump legt einen Schatten über den Charme, den Beatty seinem Howard Hughes verleiht, egomanische Milliardäre sind gerade nicht besonders hoch im Kurs. Zumindest nicht bei jenen Leuten, die Hollywoods Altlinken Beatty immer noch nicht vergessen haben.

Beatty hat den Filmstar, der immer mit einem Fuß in der Politik steckt, überhaupt erst erfunden. Er tourte durch Colleges, um für Robert Kennedy zu werben, legte sich mit dessen Nachfolger als Präsidentschaftskandidat Hubert Humphrey an, machte 1972 beim Wahlkampf für George McGovern mit, engagierte sich für stärkere Waffenkontrolle und die Begrenzung von Wahlkampf-Finanzierung, und gelegentlich, zuletzt bei der Wahl im Jahr 2000, brachte er sich selbst als potenziellen Präsidentschaftsbewerber ins Spiel, um Themen zu setzen - was sicher nie ernst gemeint war. Das Weiße Haus ist nichts für Leute, die sich gerne in Schränken verstecken. Außerdem hatte er ja sein eigenes Terrain, auf dem er tun und lassen durfte, was er wollte - das Filmgeschäft.

Die Frauengeschichten hielten ihn im Gespräch, auch wenn er gerade keinen Film drehte

Beatty, am 30. März 1937 in Richmond, Virginia geboren, galt lange als der mächtigste Mann von Hollywood, es konnte nur keiner erklären, wieso. Peter Bart, der ehemalige Paramount-Chef und Variety-Chefredakteur, hat sich für eines seiner Bücher einmal erfolglos daran versucht, anhand der Vorgeschichte zu Beattys vorletzter Regiearbeit "Bulworth" (1998) - da spielte er einen Politiker, der plötzlich anfängt, dauernd die Wahrheit zu sagen.

So viel ist sicher: Kein anderer hat es mit weniger Filmen weiter gebracht - wegen der ewigen Frauengeschichten war Betty eben auch im Gespräch, wenn er nicht drehte. 23 Rollen als Schauspieler, dazu fünf Regiearbeiten seit 1978. Angefangen mit dem prolligen Verführer in Elia Kazans "Fieber im Blut" (1959), der Natalie Wood den Kopf verdreht; und natürlich "Bonnie & Clyde", 1967. Der Gangsterfilm gilt bis heute als Beginn des New Hollywood, Beatty selbst hatte ihn produziert.

1975 packte er dann seine Erfahrungen, die politischen und beruflichen und die mit dauernd wechselnden Frauen, in sein erstes Drehbuch: "Shampoo", über den Tag der Wahl von 1968, inszeniert von Hal Ashby. Und dann, 1978, inszeniert er erstmals selbst, das Drehbuch hatte er mit Elaine May geschrieben, "Der Himmel soll warten" wurde ein sagenhafter Erfolg. Da spielt Beatty einen Football-Spieler, den der für ihn zuständige Engel versehentlich zu früh aus seinem Körper geholt hat, und nun beschließt eine höhere Instanz, ihm stattdessen die Existenz eines Konzernchefs anzudrehen, dessen Uhr abgelaufen ist - und da bringt die auf Fair Play geeichte Footballer-Seele alles durcheinander.

Die Millionen von Coca-Cola verhinderten leider auch nicht das Missgeschick in der Wüste

Der größte Triumph war 1981 "Reds", Beattys vierstündiges Mammutwerk über den amerikanischen Kommunistenführer John Reed, der versuchte, eine Partei aufzubauen in Amerika, später in Moskau starb. Eine Lebensgeschichte, virtuos erzählt, versetzt mit Interviews mit den letzten Zeitzeugen der Vereinigten Staaten vor dem Kalten Krieg. "Reds" war für zwölf Oscars nominiert, und gewann drei, Beatty selbst war vier Mal nominiert, als Produzent, Hauptdarsteller, Autor und Regisseur, für die Regie gewann er dann auch. Was aber das Drehbuch betraf: Da hatte er Unterstützung von Elaine May bekommen, die aber nicht im Abspann genannt werden wollte. Und so kam es, dass der größte Triumphzug für Warren Beatty geradewegs ins größte Debakel seiner Karriere führte.

Beatty wäre lieber Förderer gewesen als Verführer

Elaine May war in den Sechzigern als Komikerin zusammen mit Mike Nichols bekannt geworden, und sie hat dann später an vielen Drehbüchern mitgeschrieben, ohne dafür öffentlich die Lorbeeren zu beanspruchen. Typisch Frau, fand Beatty, und schlug bei Dustin Hoffman auf und erklärte ihm, sie beide schuldeten es May, ihr zum Durchbruch als Regisseurin zu verhelfen - denn May hatte auch an "Tootsie" (1982) sehr erfolgreich herumgedoktert. Und so kam es dann, dass May, Hoffman und Beatty 1985 nach Marokko zogen, um "Ishtar" zu drehen, über zwei Komiker, die in der Wüste zwischen die CIA und Rebellen geraten.

Die Columbia gehörte damals zu Coca-Cola, Profite mussten in Marokko ausgegeben werden. Der Rest ist legendär, es wurde gedreht, monatelang, da waren die Getränkemillionen längst alle. Beatty und May kriegten sich in die Wolle, er musste den Film irgendwann selbst fertigschneiden, am Ende kostete "Ishtar" den 1987 noch sehr erstaunlichen Betrag von 51 Millionen Dollar, gewann die goldene Himbeere als schlimmster Film des Jahres und Beatty war zutiefst enttäuscht, dass er May, die nie wieder Regie führte, mehr geschadet als genutzt hat. Da geht es ihm ein wenig wie Howard Hughes, der so gerne als Flugzeugkonstrukteur in Erinnerung bleiben wollte - Beatty wäre lieber Förderer gewesen als Verführer. Aber auch Hughes' Superflieger, die Herkules, flog nur eine Meile, bevor sie ins Museum kam.

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