USA: Freigabe der "Pentagon Papers":Der illegale Krieg

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Die US-Regierung lüftet eines ihrer bedeutsamsten Staatsgeheimnisse: Die "Pentagon Papers" zu den Hintergründen des Vietnamkriegs werden freigegeben, 40 Jahre nachdem sie durch Daniel Ellsberg zum Teil an die Öffentlichkeit kamen. Der damalige "Verräter" begrüßt die Entscheidung - und übt Kritik am jetzigen Präsidenten.

Willi Winkler

An diesem Montag wird ein bislang streng gehütetes Staatsgeheimnis preisgegeben: Der Vietnamkrieg war illegal. Er wurde unter falschen Voraussetzungen begonnen, mit Lügen fortgesetzt, und zu gewinnen, auch das wird jetzt offiziell bekanntgemacht, war er auch nicht.

Beinahe auf Jahrzehnte im Gefängnis verschwunden: Daniel Ellsberg antwortet 1971 vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses auf Fragen. (Foto: AP)

Ganz neu ist die Erkenntnis nicht: Vor genau vierzig Jahren stahl ein ehemaliger Elitesoldat, der Regierungsberater Daniel Ellsberg, die hochgeheimen "Pentagon-Papiere", kopierte sie und trug sie zur New York Times, die sie nach einigem Zögern veröffentlichte. Präsident Richard Nixon persönlich versuchte, die Zeitung zu verbieten. Ellsberg wurde als Landesverräter verhaftet und wäre beinah auf Jahrzehnte im Gefängnis verschwunden.

Der Krieg um Vietnam endete für die Amerikaner bereits 1975, doch erst jetzt, vierzig Jahre nach dem Verrat Ellsbergs, werden die Dokumente, die das Kriegsende beschleunigten, vollständig freigegeben. Wer will, kann auf siebentausend Seiten nachlesen, wie groß der imperiale und intellektuelle Dünkel war, mit dem sich mehrere amerikanische Regierungen in dieses Abenteuer stürzten.

Die Veröffentlichung ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Historisierung eines Krieges, der, obwohl er Millionen Vietnamesen und annähernd sechzigtausend Amerikaner das Leben kostete, nie Krieg, sondern nur immer "Konflikt" heißen durfte. Vietnam teilte die USA in zwei Parteiungen, die sich bis heute bekämpfen.

Ellsberg, mittlerweile achtzig Jahre alt, begrüßt die amtliche Herausgabe der Dokumente selbstverständlich. In Interviews nutzt er die Gelegenheit, um auf das Schicksal des Obergefreiten Bradley Manning hinzuweisen, der unter dem Verdacht steht, der Internet-Plattform Wikileaks geheime Dokumente aus dem Irak-Krieg zugespielt zu haben und der mit Erlaubnis von Barack Obama unter schlimmsten Bedingungen in Haft gehalten wird.

Für den linken Demokraten Ellsberg verstößt deshalb der gegenwärtige Präsident ebenso gegen die Verfassung wie es seine Vorgänger Lyndon B. Johnson und Richard Nixon taten.

Dumme Kriege

Bereits der Vietnam-Bericht dokumentierte den wachsenden Machthunger der Präsidenten, die ihre Kriege ohne die Zustimmung des Kongresses und damit gegen die Verfassung führten. "Geschickte Menschen treiben uns in dumme (und falsche) Kriege, und ihre nicht weniger klugen Nachfolger können uns da nicht rausholen."

© SZ vom 11.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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