"Star Wars Celebration" in Essen:Menschen altern, Mythen nicht

Star Wars Fantreffen "Star Wars Celebration" in Essen

Ein als Stormtrooper verkleideter Fan macht eine Raucherpause.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Seitdem George Lucas sämtliche Rechte an "Star Wars" an Walt Disney verkauft hat, warten die Fans gespannt auf Neuigkeiten. Auf der "Star Wars Celebration" in Essen, dem größten Treffen der Sternenkrieger-Gemeinde, fuchteln sie misstrauisch mit ihren Laserschwertern. Doch sobald es um die neuen Filme geht, wird selbst der härteste Skeptiker wieder zum Anhänger.

Von David Steinitz

Wie mächtig die Mythen der Unterhaltungsindustrie wirken, konnte man am vergangenen Wochenende in Essen studieren. Tapfere Jedi-Ritter, grimmige Sturmtruppen, rostige Roboter und haarige Weltraumtiere pilgerten trotz tropischer Hitze in voller Montur auf das Messegelände zur "Star Wars Celebration", dem größten Treffen der Sternenkrieger-Gemeinde.

Veranstaltet wird es seit 1999 von einer Event-Agentur in Kooperation mit Lucasfilm, dem Medienimperium des Star-Wars-Schöpfers George Lucas. Bislang fand die Celebration hauptsächlich in den USA statt, nun, nach London 2007, das zweite Mal in Europa. Sie wurde in diesem Jahr mit besonderer Spannung erwartet, ist sie doch das erste große Fan-Treffen, seit Lucas seine Firma und sämtliche Rechte an "Star Wars" für über vier Milliarden Dollar an die Walt Disney Company verkauft hat. Das ist für manchen Anhänger so, als würde Coca Cola eine bayerische Traditionsbrauerei übernehmen. Lucas' Schöpfung zehrt bis heute von ihrem hippiebeseelten Gründungsmythos und dem Garagenbastler-Ethos, aus dem heraus sie geboren wurde.

Andererseits sind die mindestens drei Generationen an sorgfältig kostümierten Fans natürlich auch scharf auf neue Filme. Disney will ab 2015 eine dritte Trilogie in die Kinos bringen. Und Lucas wäre nicht der subversive Filmemacher, als der er sich vor 40 Jahren etabliert hat, wenn er nicht Vorkehrungen für sein Vermächtnis getroffen hätte.

Neue Gralshüterin und alte Helden

Schon als er 1977 mit "Krieg der Sterne" den Blockbuster und das professionelle Merchandising erfand und in Hollywood den bis heute währenden Fortsetzungswahn auslöste, wusste er genau, welche Leute er um sich scharen musste. Auf der Celebration präsentiert sich nun erstmals seine Nachfolgerin, Kathleen Kennedy, eine der erfahrensten Produzentinnen Hollywoods. Ihr Auftritt wurde seit Monaten erwartet. Sie ist jetzt die Gralshüterin der wertvollsten Marke des Filmgeschäfts.

Während verzweifelte Fernsehteams versuchen, ihre Kameras im Getümmel aufzubauen, huldigen die Besucher erst mal den alten Helden, die immer noch heiß verehrt werden.

Bereits zur Premiere des ersten Star- Wars-Films orakelte ein Kritiker der New York Times, dass der Film ein Hit werden müsse, weil der Mix aus Science-Fiction und klassischer Heldenreise auch die schärfsten Kritiker überhaupt überzeugen werde: skeptische Achtjährige. Die Achtjährigen von damals sind heute mit ihren Kindern auf der Messe unterwegs. Bereits einen Tag vor Kennedys großem Auftritt strömen sie zum Herz einer jeden Convention: der Autogrammhalle, wo die alten Idole Hochglanzbilder ihrer jüngeren und schlankeren Ichs signieren - Menschen altern, Mythen nicht.

"Ich bin nicht Spock"

Dass sie von ihren Über-Rollen nie wieder loskommen, hat die erste Darstellerriege der Saga mittlerweile seufzend hingenommen. Bereits am Vorabend kam das wohl bekannteste Gesicht der Reihe in Sneakers und einem sehr weiten Karohemd zur Pressekonferenz: "Herzlich Willkommen, Luke Skywalker!" Mark Hamill lächelte freundlich, sagte brav "Hello" und war auch schon wieder weg.

Wie man mit Über-Rollen umgehen kann, dafür gibt es in der Filmgeschichte die komischsten Beispiele. Legendär sind die zwei Autobiografien von Leonard Nimoy, der in "Star Trek" den Mr. Spock spielte. Um das eigene Ich ringend, veröffentlichte er zuerst wütend "Ich bin nicht Spock", um Jahre später resignierend das Buch "Ich bin Spock" nachzulegen.

Klassengesellschaft Star Wars

Auch Mark Hamill hat sich nach Phasen des Haderns mit seinem Skywalker'schen Über-Ich arrangiert: Neben seinem Auftritt auf der "Celebration Stage" schreibt er am Ende einer unendlich langen Schlange Autogramme - für knapp 120 Euro das Stück. Ungefähr so viel sind die Fans bereits für das Convention-Dreitagesticket losgeworden - wenn sie nicht das knapp Fünffache für ein Jedi- Master-VIP-Ticket ausgegeben haben.

Jeder Star hat hier seinen exakten Preis. Ein Autogramm von Prinzessin Leia Carrie Fisher kostet 70 Euro, die Signatur des Chewbacca-Darstellers Peter Mayhew gibt es für 35 Euro. Und auf der gegenüberliegenden Seite der Autogrammhalle hält die Star-Wars-Plebs etwas nervös Ausschau nach Kundschaft. Die Saga ist eine fiese Klassengesellschaft. Kleindarsteller bieten Autogrammdienstleistungen für 20 Euro an. Und weil man zu Mark Hamill sowieso nicht durchkommt, sagt man eben mal hier Hallo.

Zum Beispiel zu Simon Williamson, über den man später im "Wookieepedia" nachliest, dass er 1983 in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" zu sehen war. Der quirlige Engländer zeigt begeistert Bilder vom Dreh auf seinem Tablet - auch das Leben der Nebendarsteller teilt sich in eine Zeit vor und nach "Star Wars". Die bekannteren Schauspieler kann man dann größtenteils noch auf der Celebration Stage erleben, wo sie Warwick Davis, ein 110 Zentimeter kleiner Schauspieler, der einst einen Ewok gespielt hat, für ein paar Scherze und Anekdoten auf die Bühne holt.

"Don´t Stop Believin"

Besonders stürmisch wird hier Kathleen Kennedy empfangen. Das Star-Wars-Volk giert nach Neuigkeiten zu "Episode VII", dem neuen Film, den Regisseur J. J. Abrams 2014 inszenieren wird. Kennedy rückt aber nur mit einem kleineren News-Häppchen heraus: John Williams wird auch den Soundtrack der nächsten Filme komponieren. Spannend ist ihr Auftritt, weil selbst der energischste Skeptiker spätestens jetzt zum Fan wird.

Kennedy, die mit ihrem orangenen Kleid und dem fröhlichen Mädchenlachen ganz und gar nicht nach den 60 Jahren aussieht, die sie alt ist, spricht von "Star Wars" und dem Kino nämlich so, wie man es aus Hollywood nur noch selten hört: mit einer kindlichen Begeisterung für das Phantastische und die Mythen. Das hat sie sich bei ihren Lehrmeistern, George Lucas und Steven Spielberg, abgeschaut. Kennedy ist Anfang der Achtzigerjahre als Spielbergs Assistentin ins Filmgeschäft gekommen, später hat sie unter anderem "E.T.", "Zurück in die Zukunft" und "Jurassic Park" produziert. Am Set von "Indiana Jones" lernte sie Lucas kennen, der sie 2012 beim Lunch fragte, ob sie Lucasfilm übernehmen wolle. Den coolsten Job der Filmbranche sagt natürlich niemand ab.

Mit ihrem Auftritt erfreut sie auch die kritische Masse aus Hunderten Darth Vaders und Obi-Wan Kenobis, die bei jeder Erwähnung des Namens Disney misstrauisch grummeln und mit ihren Lichtschwertern fuchteln.

Später, im Biergarten der Messe, sitzen zufrieden Sturmtruppler und Jedis gemeinsam beim Bier. Mark Hamill ist längst verschwunden, Williamson hat ein paar versprengte Fans um sich und sein Tablet geschart. Und auf der Celebration Stage spielt der muntere DJ den Journey-Hit "Don't Stop Believin'".

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