Sexistische Filmplakate:Die kopflosen Frauen von Hollywood

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Frauen sind auf Filmplakaten häufig gesichtslos dargestellt - reduziert auf sexuelle Stimulanz. Eine amerikanische Journalistin dokumentiert die Macho-Impertinenz.

Von Bernd Graff

"Verdammt, Hollywood! Wir wollen Köpfe!", schreibt die New Yorker Journalistin Marcia Belsky in ihrem Fotoblog Headless Women of Hollywood (Die kopflosen Frauen von Hollywood). Ihre Website dokumentiert Plakate aus der Film- und Fernsehgeschichte und aus nahezu jedem Genre.

Gemeinsam ist ihnen eine popkulturelle Ikonografie des weiblichen Körpers, die so verbreitet ist, dass man sie kaum noch bewusst wahrnimmt. Mit großer Selbstverständlichkeit sind Frauen hier gesichtslos dargestellt, reduziert auf sexuelle Stimulanz, Chiffren für das von Männern begehrte Fleisch. So zeigt man dralle Leiber, aber immer mit beschnittenen Köpfen und Gesichtern. Oder Silhouetten, die sich dem lüsternen Blick darbieten. Man drapiert die Körper sinnlich opulent zur Auslegeware der Verführung.

Tatsächlich ist man so sehr an diese sexistische Bildsprache der Werbung gewöhnt, dass sie erst auffällt, wenn man sie in ihrer ganzen Macho-Impertinenz zusammenstellt. Genau diese Verdichtung leistet Belskys Fotoblog. Die Fülle an ideenarmen Pin-ups ist erschütternd. Die "Reifeprüfung" zählt dazu: Dustin Hoffman, der das Nylonbein von Anne Bancroft anstarrt, er ist vollständig abgebildet, von ihr zeigt man nur den Unterschenkel. Megan Fox besteht für "Jennifer's Body" nur aus bluttriefenden Lippen. "Dracula" zeigt einen Vampir am gesichtslosen Frauenhals. Robert De Niro sieht man für "Dirty Grandpa" auf Hot-Pants starren. Die "Showgirls" zeigen sich als durchgezogene Nacktlinie von Zeh bis Hals. Der Kopf ist zerschnitten, genauso wie beim metallisch glitzernden Rückenakt des weiblichen "Terminators" . Die "American Beauty" besteht aus nacktem Frauenbauch mit roter Rose. "The Wolf of Wallstreet" begutachtet eine mit Geldscheinen gepolsterte Halbnackte, die von hinten zu sehen ist. Bei "A League of Their Own" ist der Sexismus nicht einmal mehr inhaltlich gedeckt. Sogar die harmlosen Minions beäugen einen halslosen Frauentorso.

Willig und verfügbar für den männlichen Blick und Zugriff

"Standard" sei es, "dass man auf TV- und Kino-Postern Frauen um Kopf und Gesicht betrügt, sie fragmentiert, fetischisiert, entmenschlicht", so Marcia Belsky. Die beliebig austauschbaren Körper von Frauen sollen immer denselben Reiz versenden: Sie sind, wie bei Paolo Sorrentinos Film "Youth", willig und verfügbar für den männlichen Blick und Zugriff.

Alte Männer, die auf einen nackten Frauenkörper starren: Werbeplakat zum Film "Youth" (deutsch: "Ewige Jugend"). (Foto: N/A)

"Der Kopf ist der denkende Teil des Körpers", schreibt Belsky. "Darum erzählen uns diese Bilder, mit denen wir täglich bombardiert werden, dass die Gedanken von Frauen, ihre Gefühle und Wünsche, entweder nicht existieren oder belanglos sind. Weil man Menschen am Gesicht erkennt, erzählen uns die Poster auch, dass Frauen dann am besten sind, wenn sie als Individuen verschwinden."

Auch wenn Belsky dies nicht ausdrücklich sagt, ist klar, mit wem die Filmindustrie diese auf sexuelle Reize heruntergebrochene Ikonografie des weiblichen Körpers teilt: mit den auf den Akt reduzierten Darstellungen der Pornografie.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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