Kunstbiennale in Venedig:Goldener Löwe für Schlingensiefs Pavillon

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Der Goldene Löwe für den besten nationalen Beitrag der Kunstbiennale von Venedig geht an Deutschland - eine Ehre für den verstorbenen Künstler Christoph Schlingensief, der den Pavillon gestaltete.

Das Team des Deutschen Pavillons hat auf der Kunstbiennale von Venedig den Goldenen Löwen gewonnen - ein Preis, der auch an den 2010 gestorbenen Christoph Schlingensief geht. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, sagte, damit werde das Werk des Ausnahmekünstlers Schlingensief gewürdigt, "dessen Verlust wir schmerzhaft spüren und dessen Werk noch lange prägend sein wird". Sie gratuliere dem Team des deutschen Pavillons unter Leitung der Kuratorin Susanne Gaensheimer. Das Auswärtige Amt ist für den Deutschen Pavillon in Venedig federführend.

Ein Film läuft auf einer Videowand im Innenraum des Deutschen Pavillons - Kuratorin Gaensheim zufolge geben die ausgewählten Werke "einen repräsentativen Einblick in sein vielschichtiges Oeuvre". (Foto: dpa)

"Eine Form von Schizophrenie war für meine Arbeit und mein Leben schon immer typisch", sagte Christoph Schlingensief einmal. Das war im Mai 2010, und der deutsche Theater-, Opern- und Filmregisseur mit der Liebe zu Rissen und Gegensätzen hatte gerade erfahren, den Deutschen Pavillon bei der 54. Kunstbiennale gestalten zu dürfen.

Zur Umsetzung des Projektes kam es jedoch nicht mehr. Am 21. August starb der Künstler im Alter von 49 Jahren an Krebs. Die Kuratorin des Pavillons und Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt, Susanne Gaensheimer, hatte Schlingensief mit der Gestaltung des Pavillons beauftragt - weil er "einer der ganz bedeutenden Künstler" Deutschlands sei. Nach seinem Tod musste sie umplanen, entschied sich aber dagegen, jemand anderen zu beauftragen. Nach der Preisvergabe erzählte Gaensheimer: "Ich hatte Schlingensief aus Überzeugung beauftragt und wollte einfach zeigen, was er wert ist."

Die Gestaltung des Pavillons wurde so zur Dokumentation eines Werkes, eines Lebens, eines Künstlers. "Und selbst das war nur möglich in ganz enger Zusammenarbeit mit den vielen Menschen, die Christoph über lange Jahre begleitet haben", berichtete die Kuratorin. Besonders geholfen hätten ihr dabei Schlingensiefs Witwe Aino Laberenz-Schlingensief, aber auch Leute aus Theater, Film und Kultur. Die ausgewählten Werke gäben nun "einen repräsentativen Einblick in sein vielschichtiges Oeuvre", glaubt Gaensheimer.

Im Hauptraum des Pavillons ist die Bühne der "Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" wieder aufgebaut - eine Rauminstallation, die Schlingensief für die Ruhr-Triennale 2008 entworfen hatte, und die sich mit dem Thema "Leben wollen, aber Sterben müssen" auseinandersetzt. Im rechten Seitenraum wurde ein Kino eingerichtet, in dem sechs Filme aus verschiedenen Schaffensperioden des Künstlers laufen.

Im linken Seitenflügel sind Schlingensiefs Pläne für ein Operndorf in Afrika zu sehen, das auch nach seinem Tod - mit Schule, Kantine, Krankenstation und Festspielgebäude - in Burkina Faso entsteht. "Ich freue mich wahnsinnig über den Preis, weil damit Schlingensief endlich auch in der internationalen Kunstszene verankert ist", sagte die Kuratorin. Ihr sei es vor allem darum gegangen, Schlingensiefs spätes erklärtes Ziel zu verwirklichen, nach seiner Film- und Theaterkarriere auch als bildender Künstler Fuß zu fassen. "Sein Traum war, dass von ihm eines Tages auch etwas in den Museen zu sehen ist", sagen Freunde des gestorbenen Künstlers. Diesem Ziel ist er wohl mit dem Goldenen Löwen einen großen Schritt nähergekommen.

Die Biennale in Venedig wurde 1895 als Ausstellung für Gegenwartskunst gegründet. An der 54. Biennale nehmen 89 Länder teil, erstmals unter anderem auch Saudi-Arabien, Malaysia, Bangladesch und Bahrain. Die Veranstalter erwarten bis zu 400.000 Besucher. Die Direktorin der Biennale, die Schweizer Kunstwissenschaftlerin Bice Curiger, stellte die Ausstellung unter das Motto "IllumiNations".

© sueddeutsche.de/ dpa/dpad/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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