Kunstaktion bei Björn Höcke:Ein politisches Geschenk an die AfD

Das Zentrum für Politische Schönheit baut Björn Höcke ein Holocaust-Mahnmal vors Haus. Der kann sich jetzt als Opfer linker Gesinnungshetze inszenieren.

Kommentar von Andrian Kreye

Da steht nun also eine Miniaturausgabe des Berliner Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Aufgebaut im thüringischen Bornhagen, gleich neben dem Haus von AfD-Hardliner Björn Höcke. Großartige Pointe - zumindest auf den ersten Blick. Höcke hatte das Original in einer Rede schließlich als "Denkmal der Schande" bezeichnet. Nun hat ihm das "Zentrum für Politische Schönheit" eine, wie sie es nennen, "Außenstelle" ins eigens dafür gemietete Nachbargrundstück gestellt. Dazu gab es den Hinweis, man beobachte seit zehn Monaten das Treiben des thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden und könne aus dieser "zivilgesellschaftlichen Überwachung" aufschlussreiche Dossiers veröffentlichen.

Die politische Kunstaktionsgruppe war vom amerikanischen Magazin The Point erst neulich für ihren "aggressiven Humanismus" gefeiert worden. An sich nicht zu unrecht. Die aktuelle Inszenierung ist allerdings missglückt. Schließlich war man doch eigentlich froh, dass man die AfD und ihren plumprechten Provokationskurs in den vergangenen Wochen vergessen hatte. Weil man sich ernsthafte Sorgen um die großen Parteien, die deutsche Regierung und die Zukunft Europas machen musste.

Dem Zentrum für Politische Schönheit brachte die Aktion am Mittwochvormittag schadenfreudigen und sehr erwartbaren Applaus aus den gleichgesinnten Reihen. Die Opferjammerlappen der AfD aber ließen die Chance nicht ungenutzt: Sie beklagten die linke Gesinnungshetze und die Übergriffigkeit der Aktion. Ausgerechnet Björn Höcke, der in seiner Partei doch schon an den Rand gedrückt war, darf sich jetzt also als Verfolgter stilisieren - und wieder laut darüber nachdenken, ob er bei Neuwahlen nicht doch noch für den Bundestag kandidieren soll.

Ein größeres politisches Geschenk als die Aktion in Bornhagen hätte ihm das Zentrum für Politische Schönheit nicht machen können. Wenn er schlau ist, beschwert er sich nicht nur über den Affront und die Bürgerwehr-Aktion der Überwachung. Sondern stellt auch noch die Frage, ob das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eine gute Vorlage für einen antifaschistischen Kalauer ist.

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