"Kaspar Hauser und Söhne" in Zürich:Die Rahmenfabrikanten

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Als schaue man stundenlang Kunst: Der Regisseur Ersan Mondtag entwirft seine Bühnenbilder selbst. (Foto: Birgit Hupfeld)

Ersan Mondtag inszeniert in Basel den Kaspar- Hauser-Mythos als deutsche Familiensaga. Die skurrile Bühnenwelt, die er entwirft, kann man wie ein Kunstwerk betrachten - mit dicken, zotteligen Proto-Menschen darin.

Von Egbert Tholl

Kaspar Hauser ist ein Mythos. Gleichwohl war er eine historische Figur. Er tauchte am Pfingstmontag 1828 in Nürnberg auf, wie aus dem Nichts, konnte kaum gehen, noch weniger sprechen, ein junger Mensch im Urzustand. Er sagte nur einen Satz - "Ä sechtene möchte ich wähn, wie mei Vottä wähn is". Der Satz weckte kriminologisches Interesse. Er sollte ein geraubter, geklauter, untergeschobener Erbprinz zu Baden sein, ganz Europa diskutierte über ihn, bis er 1833 ermordet wurde. Der Fall wurde nie geklärt und wanderte zu den Akten, was den Weg frei machte für eine ganz andere Auseinandersetzung mit Kaspar, eine künstlerische, phänomenologische. Eine Fülle Gedichte und anderes wurde über ihn geschrieben, zum Bühnenstar wurde er endgültig 1968 durch Peter Handkes Drama "Kaspar", in dem es vor allem darum geht, wie der anfangs fast Sprachlose durch das Lernen ins Herrschaftssystem der Sprache eingepasst, durch diese domestiziert wird. Nun brachte Ersan Mondtag am Theater Basel einen sehr eigenen, von Olga Bach aufgeschriebenen Kaspar auf die Bühne: "Kaspar Hauser und Söhne".

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