IS-Terror in Syrien:Warum Palmyra uns alle angeht

Es ist eine Tragödie: Die syrische Oasenstadt Palmyra ist nun doch in die Hand des IS gefallen. Leider wissen die Kultur-Nihilisten des Islamischen Staates nur zu gut: Das Weltkulturerbe zu zerstören lohnt sich für sie - denn es ist ein Teil von uns.

Von Sonja Zekri

Die Oasenstadt an der Seidenstraße

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(Foto: AFP)

Dieser Text ist eine aktualisierte Fassung des Artikels, der bei SZ.de bereits am 16. Mai veröffentlicht wurde, als die IS-Extremisten Palmyra zum ersten Mal angriffen. Um mit dem Schwierigsten anzufangen: Vielleicht wäre es besser, dieser Text würde nie erscheinen. Auch das Bild dazu nicht. Vielleicht wäre es ja klüger, so zu tun, als sei das syrische Palmyra völlig egal, ein Ort wie jeder andere. Ein paar alte Steine. Und nicht: eine der schönsten Ruinen-Metropolen an der orientalischen Seidenstraße, einst eine wohlhabende Oasenstadt, das Scharnier zwischen Rom und Zweistromland, heute Weltkulturerbe, Welterbe, ein Teil von uns - und damit ein ideales Ziel für Terroristen. Blick von der Ruinenstadt Palmyra, 215 Kilometer nordöstlich von Damaskus, auf die arabische Zitadelle Qalʿat Ibn Maʿn.

Angriff der Kultur-Nihilisten

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(Foto: AFP)

Jedoch: Das wissen auch sie längst. Die Kultur-Nihilisten des Islamischen Staats (IS) haben das Mossul-Museum und die antiken Stätten in Nimrud und Hatra - alles im Irak - in einer kalkulierten Provokation verwüstet: Im vorislamischen Altertum fühlen wir uns Arabien sehr nah. Nun haben die IS-Terroristen Palmyra eingenommen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte. Gefährdet sind nun der von Kämpfen beschädigte Baaltempel, die Resten der riesigen Nekropole, das Amphitheater. Der Innenhof des Baaltempels, schon vor vor dem Aufmarsch des IS wurde das wertvolle Gebäude in Auseinandersetzungen beschädigt.

Die Verschmelzung von Rom und Persien

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(Foto: Getty Images)

Palmyra erblühte im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus, und glänzte unter der legendären Königin Zenobia, die das Reich bis Ägypten und Anatolien ausweitete. Oft wurde Palmyra von Rom beherrscht, immer war der römische Einfluss spürbar. So vertraut und doch fremd war die Verschmelzung von römischen Kolonnaden mit persischen Elementen, dass die Entdeckung Palmyras im 17. und 18. Jahrhundert in Europa einen Klassizismus-Boom auslöste. Die Krimikönigin Agatha Christie nächtigte in der Nähe im Hotel "Zenobia". Palmyra war eine Marke. Eine historische Aufnahme der Ruinenstadt Palmyra, etwa aus dem Jahr 1880.

Der syrische Bürgerkrieg

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(Foto: AFP)

Die Stätte hatte schon zuvor gelitten in vier Jahren syrischem Bürgerkrieg, nicht so schlimm wie die Altstadt von Aleppo oder die Kreuzritterburg Krak des Chevaliers, aber es gab Verluste. Plünderer schleppten Objekte aus Gräbern oder zersägten Reliefs, um sie fortzubringen. Manches tauchte in westlichen Auktionshäusern auf, vieles nicht. Einschusslöcher in Säulen und Fassaden, auch das Weltkulturerbe Palmyra leidet seit Jahren unter dem Krieg in Syrien.

Kampf um ein Weltkulturerbe

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(Foto: dpa)

Nun kämpfen die Truppen des syrischen Gewaltherrschers Baschar al-Assad mit IS-Terroristen, und zu den unappetitlichen Folgen dieser Konstellation gehört, dass sich Assad dem Westen als Hüter des gemeinsamen Erbes empfiehlt und Unterstützung im Kampf gegen die Barbaren anfordert. Dabei, so sagen Archäologen, hat auch er raubgraben lassen. Das gut erhaltene Amphitheater von Palmyra war einmal ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen.

"Ein unersetzlicher Schatz"

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(Foto: AFP)

"Palmyra muss gerettet werden", drängte Unesco-Generalsekretärin Irina Bokova noch vor einer Woche bei einer Konferenz in Kairo zu, genau: Kulturgüterschutz. Die Ruinenstadt sei ein "unersetzlicher Schatz für das syrische Volk und die Welt". Das waren andere Stätten auch, und die Welt hat sie nicht schützen können. Deshalb, ja, es ist doch gut, Palmyra zu zeigen. Wer weiß, wie lange es noch steht. Ein aktuelles Bild der Ruinenstadt Palmyra, noch gehalten von der Syrischen Armee.

© SZ.de vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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