Im Kino: Knight and Day:Crash Boom Bang

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Die Idee mit dem Mädchen, das sich in einen Kerl verguckt und sich inmitten einer überkandidelten Mission: Impossible wiederfindet, könnte funktionieren. Doch "Knight and Day" fängt vielversprechend an - und versinkt dann im Mittelmaß.

Susan Vahabzadeh

Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen echten Menschen und Kinofiguren ist, dass Erstere einen Selbsterhaltungstrieb haben und die anderen so viel Glück, wie es das nur in einem Drehbuch gibt. June Havens (Cameron Diaz) wird am Anfang von "Knight and Day" von einem Mann angerempelt, der ihr gefällt. Sie will unbedingt mit auf einen Flieger, um die Kleiderprobe für die Hochzeit ihrer Schwester nicht zu verpassen - und dann schafft sie es tatsächlich, und in dem Flieger sitzen nur eine Handvoll Leute und der fremde Mann, und als sie von der Toilette zurückkommt, sind alle außer diesem Mann tot. Den anschließenden Flugzeugabsturz überlebt sie - aber hätte sie nur einen Funken Selbsterhaltungstrieb, würde ihr Interesse an dem Typen unwiederbringlich verlöschen. Ihr Glück weiter zu strapazieren und sich mit ihm einzulassen - so was tun Menschen nur im Kino.

So gerät June an Roy Miller (Tom Cruise) und an einen Haufen von Agenten. Roy sagt, eine große Intrige gegen ihn sei im Gange, er müsse einen jungen Erfinder - der Kleine hat eine gigantisch ergiebige, aber winzige Energiequelle entwickelt - schützen, während einer seiner Kollegen versuche, die Minibatterie zu Geld zu machen. Da gibt es einen anderen Superagenten (Peter Sarsgaard), der versucht, June auf seine Seite zu ziehen, und eine sehr vertrauenerweckende Vorgesetzte (Viola Davis), die an Junes Vernunft appelliert - Roy, behaupten sie, habe längst die Seiten gewechselt und müsse dringend unschädlich gemacht werden. June landet dann doch bei Roy - und eine wilde Jagd um die Welt beginnt.

Die Idee mit dem Mädchen, das sich in einen Kerl verguckt und sich inmitten eines überkandidelten "Mission: Impossible"-Szenarios wiederfindet, ist zwar nicht neu, aber gut ist sie trotzdem. Das könnte tatsächlich funktionieren - denn Cameron Diaz und Tom Cruise, die schon in "Vanilla Sky" ein Paar spielten, passen ganz gut zusammen. Dass es über weite Strecken dann doch ein wenig langweilig wird in "Knight and Day", das liegt vor allem am zeitgemäßen Blockbuster- Syndrom: Wird ein Film als großes Ereignis angelegt, dann muss alle fünf Minuten ein großer Knalleffekt kommen, auch wenn sich die Geschichte damit selbst kaputtschießt.

Liebloser Zeichentrick

Einer der hübschesten Einfälle in "Knight and Day" sind die Rausch-Sequenzen: Wann immer Roy June, diesen störenden Laien an seiner Seite, durch die Welt transportiert, schläfert er sie ein; wie sie dann nur ein paar Bilder von diesen Reisen wahrnimmt, das ist ein origineller visueller Einfall. Aber ansonsten ist James Mangold, der einst mit "Copland" sich als große amerikanische Regiehoffnung empfahl und, unter anderem, den sehr schönen, ruhigen Johnny-Cash- Film "Walk the Line" gemacht hat, nicht auf der Höhe seiner Kunst. Was vielleicht daran liegt, dass "Knight and Day" alles andere als ruhig ist.

Ein paar Effekte, ein paar Hetzjagden (Auto, Motorrad, mit oder ohne Stiere) quer durch Europa weniger, dafür etwas mehr liebevolle Arbeit an Diaz' Figur, die ständig Cruises Sätze nachplappert wie ein Papagei - und "Knight and Day" wäre ein schöner Nachfolger gewesen für Stanley Donens "Charade" von 1963. Der hatte eine ähnliche Konstellation: Audrey Hepburn, wie Diaz eine ahnungslose Außenstehende, trifft da auf Cary Grant - und sie braucht ebenfalls den ganzen Film, um herauszufinden, ob er für die Guten oder für die Bösen arbeitet. Und wie, zum Teufel, er eigentlich wirklich heißt.

Der Charme einer Fototapete

Das ist eben das Problem mit "Knight and Day": Im Vergleich mit einem besseren Drehbuch zum selben Thema wird klar, dass es in diesem Genre weder um Kohärenz noch um den mangelnden Selbsterhaltungstrieb der Hauptfiguren geht. Es geht um Charme, um ein paar richtig gute Ideen, um eine Handvoll guter Dialogsätze. Die Frage, warum sich Cary Grant mit Audrey Hepburn herumschlägt und sie sich auf ihn einlässt, stellt sich bei "Charade" nie - weil die Geschichte für solche Überlegungen keinen Platz lässt. In "Knight and Day" bleibt Zeit genug, sich zu fragen, warum eigentlich diese Paarung nicht nach fünf Minuten auseinanderbricht. Man könnte auch darüber sinnieren, warum eigentlich in diesem Film die Orte alle den Charme einer Fototapete ausstrahlen. Salzburg beispielsweise, an sich ja durchaus sehr malerisch - hier sieht die Stadt aus wie eine lieblos hergestellte Zeichentrick-Version ihrer selbst.

So fängt "Knight and Day" also vielversprechend an und versinkt dann doch im Mittelmaß. Dabei hätte Tom Cruise ja einen echten Hit, einen Erfolg, den er sich nicht schönreden muss, durchaus gebrauchen können - in den USA ist "Knight and Day" in den drei Wochen seit dem Start eher bescheiden gelaufen. Der Mann macht es sich selbst nicht leicht - nicht einmal dann, wenn man es schafft, das Image zu verdrängen, das er sich jenseits der Leinwand aufgebaut hat. Es bräuchte schon eine wirklich gute Geschichte, um es vollständig aus den Köpfen der Zuschauer zu tilgen. Vielleicht hebt Hollywood sich die ja für Mel Gibsons Rückkehr auf die Leinwand auf.

KNIGHT AND DAY, USA 2010 - Regie: James Mangold. Drehbuch: James Mangold, Patrick O'Neill. Kamera: Phedon Papamichael. Schnitt: Michael McCusker. Musik: John Powell. Mit: Tom Cruise, Cameron Diaz, Peter Sarsgaard, Viola Davis, Paul Dano. Twentieth Century Fox, 110 Minuten.

© SZ vom 22.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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