Hagia Sophia in Istanbul:Der erste Ruf des Muezzin

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Die Hagia Sophia, die einstige byzantinische Kathedrale in Istanbul, hatte nach der Einnahme durch die Osmanen 1453 schon einmal als Moschee gedient. Der türkische Staatsgründer Kemal Atatürk macht 1935 ein Museum daraus. Und 2016 wagt man es in Erdogans Türkei, wieder daran zu rütteln. (Foto: imago)

Zum ersten Mal seit Staatsgründer Atatürk darf in der Kathedrale Hagia Sophia wieder ein Muezzin zum muslimischen Gebet rufen. Ist die Säkularisierung der Türkei nun endgültig vorbei?

Von Christian Schlötzer

Drei Jahre vor seinem Tod verfügte Kemal Atatürk, der Gründer der Türkischen Republik, dass die Hagia Sophia, das damals wie heute berühmteste Bauwerk Istanbuls, hinfort ein Museum sein sollte. 1935 trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Nun, im Jahr 2016, zum Ende des Ramadan, trat erstmals seit der historischen Säkularisierung ein Muezzin unter die prächtige Kuppel, um den Ezan, den muslimischen Gebetsruf, anzustimmen. Lautsprecher trugen das morgendliche Lob Allahs ins Freie. Das Staatsfernsehen TRT übertrug live, türkische Nationalisten, besonders fromme Konservative und die Kolumnisten regierungsnaher Blätter jubilierten: "Danke, mein Präsident." Als gelte es, eine zweite Eroberung Istanbuls mit einer tiefen Verbeugung vor Recep Tayyip Erdoğan zu feiern, als sei ein Symbol geschleift und der Rückweg in vorrepublikanische Zeiten offen.

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