Filmgeschichte:Die Sprache der gereckten Fäuste

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Wo genau "Desperados" gedreht wurde, ist unbekannt. Manche Bildhintergründe erinnern an Giesing, vieles dürfte im Studio entstanden sein. (Foto: Privatsammlung)

Rudolf Herz und Julia Wahren gestalten eine Performance über "Desperados", einen zur Zeit der Räterepublik in München gedrehten Stummfilm

Von Jürgen Moises

Als im Februar 1919 ein Filmteam der Produktionsfirma Bayerische Filmindustrie in die Artillerie-Werkstätten an der Münchner Schwere-Reiter-Straße kam, um dort nach Komparsen für den Abenteuerfilm " Desperados " zu fragen, erlebte es dort eine Überraschung. Denn die Arbeiter, sie sagten "Nein". Wieso? Wahrscheinlich weil der Arbeiterrat in der Fabrik erkannte, dass mit dem Inhalt und den Absichten hinter dem Film etwas nicht koscher war. Und so war es auch. Denn der vom Münchner Regisseur und Drehbuchautor Toni Attenberger unter strenger Geheimhaltung gedrehte Stummfilm, in dem Anarchisten die Arbeiter einer Fabrik zum Aufstand aufwiegeln und dafür mit dem Tod bestraft werden, ist ein tendenziöses Machwerk, dessen Botschaft antibolschewistisch und klar gegen die Räterepublik gerichtet ist. Und was noch brisanter ist: Er wurde vom Militärminister Albert Roßhaupter und dem Innenminister Erhard Auer finanziert. Zwei SPD-Ministern aus Kurt Eisners Räte-Regierung.

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