"Nicht die Männer sind die Feinde der Kultur, sondern die auf den Mann zentrierte Perspektive, der heute auch viele Frauen immer noch anhängen", sagte Dacia Maraini kürzlich über eines ihrer Theaterprojekte. "Passi affrettati" (Eilige Schritte) heißt das Stück.
Es geht um Gewalt gegen Frauen, ein Thema, mit dem sich die italienische Beststellerautorin immer wieder auseindergesetzt hat. Ihr gesamtes literarisches Leben galt ihr Interesse der weiblichen Identität. Mit vehementer Kritik stellte sie sich gegen die Frauenfeindlichkeit in der italienischen Gesellschaft. Heute wird Dacia Maraini 75 Jahre alt.
1936 in Fiesole bei Florenz geboren, wanderte die Schriftstellerin bereits als Zweijährige mit ihren Eltern aus dem faschistischen Italien nach Japan aus. Dort wird die antifaschistische Haltung der Eltern der Familie zum Verhängnis. Da sie sich weigern, die japanischen Militärgesetze zu akzeptieren, werden sie für drei Jahre in diversen Lagern interniert.
Erst nach dem Krieg, im Jahr 1946, gelang den Marainis die Rückkehr in ihre Heimat. Verarmt ziehen sie zu den Großeltern von Dacias Mutter in Bagheria auf Sizilien. Dort beginnt Dacia - brüsk mit der traditionellen Männer-Kultur des "Mezzogiorno", dem italienischen Süden, konfrontiert - im Alter von 13 Jahren zu schreiben.
1962 bringt die junge Autorin ihre erste Erzählung "La vacanza" ("Tage im August") heraus und erntet zunächst vor allem eines: Missbilligung. Es handle sich um einen krassen Fall literarischer Protektion, urteilen Kritiker damals. Stein des Anstoßes war das Vorwort ihres literarischen Debüts - geschrieben von ihrem damaligen, 29 Jahre älteren Lebensgefährten, dem bekannten Schriftsteller Alberto Moravia.
Heute ist Dacia Maraini eine vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin. Ihr Werk umfasst nicht nur Romane, sondern auch zeit- und kulturkritische Essays sowie feministische Theaterstücke. 1963 erhielt sie für den Roman "Zeit des Unbehagens" den Formentor-Verlegerpreis. Auch für ihre Werke "Bagheria. Eine Kindheit auf Sizilien" (1993), "Die stumme Herzogin" (1992) und "Stimmen" (1995) wurde Maraini ausgezeichnet. Aus den Tagebuchaufzeichnungen ihrer Mutter entstand das 2003 in Deutschland erschienene Buch "Ein Schiff nach Kobe".
In ihrem Heimatland gehört Maraini zu den großen Schriftstellerinnen der Gegenwart. Eine italienische Journalistin würdigte sie kürzlich mit den Worten: "Von jeher empfänglich für die Probleme der Frauen, ist es ihr gelungen, unsere Schwächen und Unsicherheiten ungefiltert zu erzählen."