Polizei:Dass Frauen kleiner sind, darf Männern nicht schaden

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Die Verwaltung darf nicht per Erlass festlegen, dass Männer benachteiligt werden, weil Frauen seltener groß genug für den Polizeidienst sind.

(Foto: dpa)

Das Oberverwaltungsgericht Münster erlaubt der Polizei zwar, eine Mindestgröße für Bewerber festzulegen. Aber: Sie muss für Männer und Frauen gleich sein.

Von Larissa Holzki

Nach einem neuen Urteil am Oberverwaltungsgericht darf die Polizei in Nordrhein-Westfalen (NRW) nun doch eine Mindestgröße für den Polizeidienst vorschreiben - wenn sie für alle Bewerber gleich ist. Die Polizei in NRW stellt seit Jahren Frauen mit einer Körpergröße von mindestens 1,63 Meter ein, Männer müssen fünf Zentimeter größer sein. Das geht so nicht, entschied nun das Oberverwaltungsgericht.

Dabei wollte die Landespolizei alles richtig machen. Eine generelle Mindestgröße verwehrt nämlich vor allem Frauen den Zugang zum Polizeivollzugsdienst, weil sie im Schnitt kleiner sind als Männer. Um diesen Nachteil auszugleichen, hat das nordrhein-westfälische Innenministerium per Erlass die Mindestanforderung für Männer etwas nach oben gesetzt. Doch die Abwägung zwischen Leistungsgrundsatz und Chancengleichheit für Männer und Frauen stehe dem Gesetzgeber, nicht der Verwaltung zu, urteilt das Oberverwaltungsgericht in Münster nun. Sie dürfe Männer ab 1,63 Meter und unter 1,68 Meter auf diese Weise nicht ausschließen.

Verhandelt wurde die Frage am Fall eines 1,66 Meter großen, 32-jährigen Mannes aus Essen. Aufgrund seiner Größe wurde seine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2014 abgelehnt. Der Polizeiarzt bescheinigte dem Bewerber, dass ansonsten medizinisch "keine Bedenken bezüglich der Tauglichkeit bestünden".

Was den Bewerber besonders empörte: Noch sieben Jahre zuvor hatte der Polizeivollzugsdienst kleinere Bewerber eingestellt. Und auch die Tatsache, dass Frauen nur 1,63 Meter groß seien müssten, zeige, dass männliche Bewerber seiner Größe Polizeiaufgaben einwandfrei ausführen könnten. Polizisten und Polizistinnen hätten schließlich die gleichen Aufgaben zu erledigen. Warum sollten Frauen mit einer geringeren Größe Gefahren für Leib und Leben besser abwehren können als Männer? Er verwies auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts verbiete. Das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen gab dem Mann Recht, das Land legte dagegen Berufung ein.

Wissenschaftler bestätigen erforderliche Mindestgröße

In der zweiten Instanz zogen die Richter nun wissenschaftliche Untersuchungen hinzu: Eine Arbeitsgruppe des Landes hatte unter anderem mithilfe einer Studie von Wissenschaftlern der Deutschen Sporthochschule Köln ermittelt, dass von der Polizeidiensttauglichkeit schon ab einer Körpergröße von 1,63 Meter auszugehen sei.

Die vorsitzende Richterin gestand dem Dienstherrn einen Einschätzungsspielraum zu. Wenn es sachlich gerechtfertigt sei, könnten abweichende Regelungen im Bund und in anderen Bundesländern gelten. Ausnahmeregelungen für kleinere, besonders kräftige und trainierte Bewerber - wie sie beispielsweise in Bayern gelten - müssten nicht geschaffen werden. Eine Revision hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen, dagegen kann allerdings noch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.

Inwiefern das letzte Wort in der Mindestgrößenfrage gesprochen ist, bleibt abzuwarten. Zuletzt hatten Richter an Verwaltungsgerichten die Landespolizei auch dazu verpflichtet, Klägerinnen zum Bewerbungsverfahren zuzulassen, die kleiner als 1,63 Meter sind. Beim 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts sind noch Verfahren eines männlichen Polizeibewerbers und von sechs Bewerberinnen anhängig, die bei den Verwaltungsgerichten Köln und Düsseldorf jeweils erfolgreich gegen die Ablehnung aufgrund ihrer Körpergröße vorgegangen sind.

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