Neu im Job:Urlaub in der Probezeit

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Ein etwas heikles Thema: Urlaub in den ersten Wochen und Monaten im neuen Job

(Foto: lassedesignen - Fotolia)

Sie sind neu im Job und zu einer Hochzeit eingeladen: Ist freimachen erlaubt? Die Reise mit dem Partner ist lang geplant: Antreten oder canceln? Und was gilt bei Umzug, Nachwuchs, Todesfall? Alle wichtigen Infos zum Thema Urlaub für Neu-Einsteiger.

Von Sarah K. Schmidt

Frisch im neuen Job gestartet, will man sich von seiner besten Seite zeigen. Dem Chef gleich in der ersten Woche einen Urlaubsantrag auf den Schreibtisch zu knallen, ist da eher ungeeignet, um sich als engagierter, kompetenter Mitarbeiter zu präsentieren. Doch was ist mit der Hochzeit der besten Freundin oder der lange geplanten USA-Reise mit dem Partner - absagen oder freimachen?

Zuerst die schlechte, dann die gute Nachricht: Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub erhalten Mitarbeiter erst nach sechs Monaten im neuen Job. Doch was viele Arbeitnehmer und selbst manche Juristen nicht wissen: "Auch im ersten halben Jahr haben Sie einen Teilurlaubsanspruch", erläutert Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Das bedeutet, pro Monat steht Job-Neulingen ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu. "Für 20 gesetzliche Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche sind das 1,67 Tage pro Monat. Nach drei Monaten haben Sie damit Anspruch auf fünf freie Tage", rechnet Hensche vor.

"Generelle Urlaubssperren sich nicht zulässig"

Natürlich sei Urlaub in den ersten Wochen und Monaten ein etwas heikles Thema. "Urlaubssperren nur mit der Begründung, dass die Wartezeit noch nicht herum ist, sind nicht zulässig", sagt der Anwalt. Anders ist es in der Hauptferienzeit, zum großen Saisongeschäft oder beim Jahresabschluss: In den drei bis vier Wochen im Jahr, in denen der Laden brummt und alle Hände gebraucht werden, könne der Arbeitgeber Urlaub ablehnen. Über die sechs Monate der Probezeit überhaupt keine freien Tage zu erlauben, ist rechtlich jedoch nicht haltbar. Gegen ein verlängertes Wochenende kann die Chefin oder der Chef also nach den ersten Wochen nur schwer etwas einwenden.

Für die Fernreise eine Freistellung vereinbaren

Anders ist die Situation bei einer dreiwöchigen Fernreise. Da in der Wartezeit nur ein Teilurlaubsanspruch besteht, tun sich Arbeitgeber schwer damit, Einsteigern einen längeren Urlaub zu gewähren. Gleich Flug und Hotel zu canceln, sei jedoch unnötig. Der Anwalt empfiehlt, größere Urlaubspläne schon bei der Vertragsverhandlung anzusprechen: "Dann gibt es die Möglichkeit, eine unbezahlte Freistellung für die Zeit der Reise zu vereinbaren." Der Mitarbeiter beginnt planmäßig die neue Stelle - für die Zeit des Urlaubs gibt es kein Geld, dafür wird aber auch das Urlaubstagekonto nicht belastet. "Das ist eine ganz saubere Lösung. Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer muss ein schlechtes Gefühl haben." Und letztlich, sagt Hensche, mache es einen guten Eindruck, die Urlaubsplanung schon frühzeitig anzusprechen. Das zeigt der Firma: "Das ist jemand, der plant und mitdenkt."

Hochzeit, Umzug, Todesfall

Die Frau bekommt ein Baby, die Oma stirbt, der Umzug steht an - das hingegen sind die Momente im Leben, für die Paragraf 616 im BGB gemacht wurde. Darin heißt es, dass Arbeitnehmer zu besonderen Anlässen einen Anspruch auf "entgeltliche Freistellung" haben - also bezahlten Extraurlaub. "In vielen Arbeitsverträgen - manchmal auch im Tarifvertrag - ist eine Staffelung geregelt, für welches Ereignis es wie viele Tage frei gibt", erklärt Hensche. Der Arbeitsrechtexperte hält es auch für Mitarbeiter in der Probezeit für unverfänglich, eine Freistellung zu beantragen: "Schließlich liegt ein triftiger Grund vor - ein anständiger Arbeitgeber kann da eigentlich nur schwerlich ablehnen." Anerkannte Anlässe für diese Art Sonderurlaub sind Hochzeiten und Todesfälle von Familienangehörigen, die Geburt eines Kindes, aber auch die Einschulung oder eine Erkrankung von Sohn oder Tochter.

Anders als der Urlaubsanspruch unterliegt die entgeltliche Freistellung aber der vertraglichen Vereinbarung. "In manchen Arbeitsverträgen findet sich die Regelung, alle Ansprüche nach § 616 seien bereits abbedungen", so der Anwalt. Das sei zwar legal, "aber doch ziemlich kleinlich", so Hensche - in diesem Fall bleibt den Mitarbeitern nur, Urlaub zu nehmen. Gibt es keine vertragliche Vereinbarung, sollte im Einzelfall besprochen werden, ob und wie viele freie Tage es gibt. "Üblich sind ein bis zwei Tage. Für die eigene Hochzeit können es schon auch einmal drei Tage sein", sagt Hensche. Je nachdem, wie lange ein Arbeitnehmer gern frei machen will, können die Tage dann auch gesplittet werden. Einen Teil gibt es extra, auf Arbeitgeberkosten, also auf Grundlage von § 616 BGB, den anderen steuert der Arbeitnehmer aus seinem Urlaubskontingent bei. Der Tipp vom Experten: "Machen Sie die Vereinbarung irgendwie schriftlich, zumindest per Mail. Sonst besteht später Unklarheit, was genau vereinbart wurde."

"Krankmachen" ist ein Kündigungsgrund

Der neue Chef ist schwierig, die Stimmung im Keller, die Chancen auf die freien Tage für den Städtetrip mit Freunden stehen schlecht. Statt in den sauren Apfel zu beißen und nach Urlaub zu fragen, meldet sich der findige Arbeitnehmer krank - eine gute Idee? "Diese Art der Selbstbeurlaubung ist Betrug. Falls das rauskommt, riskieren Sie eine fristlose Kündigung", warnt Anwalt Hensche. Gerade in Zeiten von Social Media ist es gut möglich, dass der Vorgesetzte den vorgeblich Kranken auf Fotos beim Feiern oder Baden im See auf Facebook entdeckt - ganz abgesehen von allen moralischen Bedenken.

In der Praxis die Ausnahme: die Urlaubsbescheinigung

Vom Gesetz vorgesehen, aber in der Praxis nur selten angewandt ist die Urlaubsbescheinigung beim Jobwechsel. In dieser weist der frühere Arbeitgeber für den Folgearbeitgeber aus, wie viele Urlaubstage der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bereits genommen hat. "Beginnt ein neuer Mitarbeiter zum 1. Juli seine neue Stelle und hat bereits im März seinen vollen Jahresurlaub genommen, hätte er bis Jahresende keinen weiteren Urlaubsanspruch - wenn denn der neue Arbeitgeber nach der Urlaubsbescheinigung fragen würde", sagt Hensche. In seiner gesamten Berufspraxis sei ihm das jedoch nur sehr selten untergekommen.

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