Gerechtigkeit an Schulen:Wer nicht aus Deutschland kommt, hat's schwer

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Einwandererkinder werden an deutschen Schulen noch immer nicht genügend gefördert. Könnte ihnen eine Änderung im Schulsystem helfen?

Das Problem ist bekannt - nur lösen lässt es sich irgendwie auch nicht. Einwandererkinder werden an Deutschlands Schulen einer Studie zufolge weiterhin nicht ausreichend gefördert. "Fast jeder dritte Jugendliche in Deutschland hat einen Migrationshintergrund, und wir können vielen von ihnen kein sachgerechtes Bildungsangebot machen", kritisierte Barbara John vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Berlin.

Migrantenkinder werden an deutschen Schulen nach wie vor benachteiligt. Doch kleine Verbesserungen gibt es. (Foto: dpa)

Die langjährige Berliner Ausländerbeauftragte forderte deshalb durchgreifende Reformen an den Schulen. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), mahnte eine "nationale Kraftanstrengung" an. Hintergrund ist ein neuer Bericht des Wohlfahrtsverbands zu den Bildungschancen von Migranten. Danach erreichen Kinder mit ausländischen Wurzeln zwar zunehmend höhere Bildungsabschlüsse, aber ihr Rückstand auf Kinder ohne Migrationshintergrund blieb in den vergangenen Jahren nahezu unverändert.

So mache mittlerweile jeder dritte deutsche Schüler Abitur, aber nur jeder zehnte Ausländer. Nach dem Abitur verschärfe sich dieser Trend sogar noch: Bei lediglich 2,9 Prozent der Hochschulstudenten in Deutschland handle es sich um Kinder mit Migrationshintergrund, die in Deutschland Abitur gemacht haben. Im Gegenzug verließen weiterhin 15 Prozent der Ausländerkinder die Schule ohne Abschluss, aber nur 6 Prozent der Deutschen.

Die Mehrheit an die Hauptschule

40 Prozent aller Migrantenkinder haben einen Hauptschulbabschluss. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber 1998, als fast jedes fünfte Kind mit Migrationshintergrund ohne Schulabschluss blieb, knapp 42 Prozent der Kinder mit Hauptschulabschluss abgingen und nur knapp neun Prozent Abitur machten. Dennoch bleibt die Schere zur statistischen Verteilung deutscher Kinder weit geöffnet.

Deshalb forderte Böhmer: "Bei der Unterstützung der jungen Migranten in der Schule muss an Intensität und Tempo deutlich zugelegt werden." Hier seien die Bundesländer gefordert, Schulen mit hohem Zuwandereranteil mit mehr Geld und mehr Lehrern auszustatten. Sevim Dagdelen von der Linken mahnte die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems an sowie ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen.

Schule muss sich anpassen

John forderte hingegen einen grundlegenden Umbau des deutschen Schulsystems: "Nicht die Kinder müssen sich an die Schule anpassen, sondern die Schule muss sich an die Kinder anpassen." Unter anderem warb sie für eine "schulische Bildungsgarantie", damit kein Jugendlicher die Schule verlässt, ohne ausreichend lesen und rechnen zu können. "Das muss eine Schule leisten", sagte John.

Notfalls müsse es eine Förderung über den Unterricht hinaus geben, denn klassische Nachhilfestunden könnten sich viele Einwandererfamilien nicht leisten.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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