Stickstoffdioxid:NO₂-Konzentration auch in kleinen Städten erhöht

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Nicht nur in den Großstädten ein Problem: Abgase, vor allem die aus Diesel-Pkws, führen zu hohen NO₂-Konzentrationen. (Foto: dpa)
  • Die Deutsche Umwelthilfe hat einen Monat lang an 559 Standorten den NO₂-Gehalt in der Luft gemessen.
  • Wie die Ergebnisse zeigen, sind nicht nur in Großstädten die Stickstoffdioxid-Werte erhöht.
  • Der Großteil des NO₂-Gehalts in der Luft stammt von Diesel-Pkw.

Von Jan Schwenkenbecher

Neue Daten zur NO₂-Belastung in Deutschland zeigen: Nicht nur Großstädte sind betroffen. Im Februar hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) einen Monat lang an 559 Standorten gemessen, wie viel Stickstoffdioxid (NO₂) in der Luft ist. Wie die am Donnerstag in Berlin vorgestellten Ergebnisse zeigen, gibt es hohe NO₂-Werte nicht nur in großen Städten, sondern auch in Gemeinden mit wenigen zehntausenden Einwohnern.

Um die Luftqualität zu messen, setzte die DUH sogenannte Passivsammler ein. Das sind kleine Röhrchen, in denen eine chemische Substanz das NO₂ bindet. In den Wochen vor der Messung konnten Bürger Straßenabschnitte melden, in denen sie eine besonders hohe Konzentration vermuteten. Die DUH wählte 559 Orte aus.

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An 89 Prozent der Messorte seien demnach "gesundheitlich bedenkliche NO₂-Werte" nachgewiesen worden, teilt die DUH mit. Besonders hoch seien die Werte in Berlin, Stuttgart, Köln und Düsseldorf gewesen. Doch auch in kleineren Städten, etwa Alsfeld, Esslingen, Marburg oder Aschaffenburg, seien höhere NO₂-Konzentrationen gemessen worden. Den EU-weiten Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten allerdings nur 67 der über 500 Messstationen. Auf 89 Prozent kommt die DUH, weil sie schon einen Wert von 20 Mikrogramm je Kubikmeter als gesundheitsschädlich ansieht. Die DUH verweist auf aktuelle Studien verschiedener Behörden und Institute, wonach Gesundheitsschäden besonders bei Kindern, Schwangeren sowie ältere Menschen ab einer Luftbelastung von 20 Mikrogramm NO₂ auftreten könnten.

Anfang März hatte das Umweltbundesamt (UBA) eine Berechnung vorgelegt, derzufolge im vergangenen Jahr 5966 Menschen vorzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen starben, die auf dauerhafte NO₂-Exposition zurückzuführen seien. Die Methode zur Berechnung des vorzeitigen Todes durch NO₂ ist zwar umstritten, dennoch sind sich Experten einig, dass das Gas in zu hoher Konzentration der Gesundheit schadet. Neben Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Folgen besonders für Asthmatiker oder Patienten mit chronischer Bronchitis gefährlich.

Der Großteil des NO₂-Anteils in unserer Luft ist menschengemacht

Die neu erhobenen Werte sollen die Messungen vom Umweltbundesamt (UBA) ergänzen. Die DUH hat nun ihre eigenen Daten mit denen des UBA in einer Karte zusammengetragen und mit Messergebnissen ergänzt, die andere Initiativen und Organisationen erhoben haben. So kommen sie auf 1111 Messstellen in 426 Städten. Dabei lägen in 121 Städten die Grenzwerte höher, als es der EU-Grenzwert erlaube. Allerdings ist fraglich, wie gut die auf verschiedenen Wegen gewonnenen Daten zu vergleichen sind. Denn die DUH ermittelte die Werte nur über die Zeit eines einzigen Monats. Das UBA hingegen misst das ganze Jahr, auch die EU-Grenzwerte sind Jahresmittelwerte. Schwankungen in den NO₂-Werten sind über das Jahr gerechnet zwar nicht besonders groß, weil sie eher vom Verkehrsaufkommen als vom Wetter und der Temperatur abhängen. Dennoch teilt die DUH mit, sie gehe davon aus, die Werte lägen eigentlich etwa zehn Prozent höher, da es in der zweiten Februarhälfte so kalt war.

NO₂ kann aus natürlichen Quellen wie mikrobiologischen Aktivitäten in Böden oder durch Vulkanausbrüche entstehen. Der Großteil des Anteils in unserer Luft ist allerdings menschengemacht. Etwa 40 Prozent stammt dabei laut UBA aus dem Verkehrssektor, in Städten sind es gar 60 Prozent. Schaut man sich die NO₂-Quellen des Verkehrs genauer an, stammt die Hälfte des Ausstoßes von Diesel-Pkw, in Städten macht dieser Anteil etwa 70 Prozent aus.

Die Messungen des UBA aus den vergangenen Jahren zeigen zwar, dass die NO₂-Belastung in Deutschland konstant zurückgeht. Dennoch liegt sie an etlichen Orten immer noch über den Grenzwerten. Aus diesem Grund werden derzeit Fahrverbote für ältere Diesel-Pkws diskutiert. Hamburg gab als erste Stadt bekannt, ab April auf zwei Straßenabschnitten ein solches zu erlassen.

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