Florida:USA fürchten Zika-Ausbruch und suchen fieberhaft nach einem Impfstoff

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Zika ist in Miami angekommen. Nun wird auch dort mit Pestiziden gegen die Mücken vorgegangen, die das Virus übertragen. (Foto: Alan Diaz/AP)

Schwangere sollen jetzt Gebiete in Miami meiden. Und es stellt sich die Frage: Wo bleibt ein Impfstoff? Und was würde er überhaupt bewirken?

Von Kathrin Zinkant

Man hatte gehofft, dass es bei den wenigen Fällen bleiben würde, die vergangene Woche in Miami aufgetaucht waren. Doch wie das so ist mit Seuchen: Die Hoffnung wird meist enttäuscht. Binnen weniger Tage ist die Zahl der Zika-Infektionen in der Metropole von vier auf 14 gestiegen. Am Montag haben die nationalen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) eine Reisewarnung für Schwangere ausgesprochen. Es ist die erste Warnung in den Vereinigten Staaten. Das Virus hat es nun endgültig über die Grenze geschafft.

Zika ist die mutmaßliche Ursache für gehäuft auftretende Mikrozephalien in Südamerika. Die betroffenen Babys kommen mit einem extrem kleinen Schädel zur Welt, in dem sich das Gehirn nicht vollständig entwickelt hat. In Brasilien gibt es schon 1749 Verdachtsfälle. Auch in den USA sind bereits zwölf Fälle bei Frauen bekannt, die zuvor in Zika-Gebiete gereist waren. Deshalb nun auch die Warnung für Miami. Sie betrifft vorerst nur den Stadtteil Wynwood, in dem alle 14 Fälle registriert wurden. CDC-Direktor Tom Frieden hatte auf einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag bereits erklärt, es gebe in Wynwood eine relativ große Zahl von Mücken der Spezies Aedes aegypti.

Aedes aegypti ist entscheidend für Zika, denn das Virus wird nur sehr selten direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Der übliche Infektionsweg verläuft über Mücken dieser Art, die allerdings recht verbreitet sind. Für Infektionsexperten kommt der Ausbruch in Florida deshalb nicht überraschend. "Das haben wir erwartet", sagt Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Aufgrund der engen Verbindungen des Bundesstaates zu karibischen und südamerikanischen Regionen sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Zika in Florida Fuß fasst. Und Christian Drosten von der Universität in Bonn geht davon aus, dass das Virus in weiteren südlichen Bundesstaaten der USA auftreten wird. "Es gibt dort viele Regionen, in denen Aedes aegypti heimisch ist", sagt der Virologe.

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Entsprechend drängend stellt sich die Frage, wie man dem aktuellen und den bevorstehenden Ausbrüchen begegnen will. Strategien gegen den sogenannten Vektor, also die übertragenden Insekten, gibt es bereits. Doch Mücken lassen sich zwar mit Insektiziden, Repellents und schützender Kleidung bekämpfen oder abwehren. Wirklich sicher sind diese Maßnahmen jedoch nicht. Zumindest nicht so sicher wie ein Impfstoff, der im Idealfall einen lebenslangen Schutz gewährt.

Seit Monaten läuft daher die fieberhafte Suche nach einem geeigneten Kandidaten für die Impfung - nicht nur, aber insbesondere in den USA. Es gibt bereits Experimente an Affen. Vor wenigen Wochen hat die Firma Inovio aus Pennsylvania sogar die erste Zulassung für Tests eines DNA-Impfstoffs an Menschen erhalten. Alles weist darauf hin, dass früher oder später ein Impfstoff verfügbar sein wird. Und dass dies der einzig gangbare Weg im Kampf gegen das Virus ist.

Für Christian Drosten ist der enorme Aufwand, mit dem in den USA derzeit nach einer Vakzine gesucht wird, allerdings eher ein Zeichen für den großen Einfluss der Politik auf die Forschung. "In den Vereinigten Staaten sind in den vergangenen Monaten große Förderenergien entstanden", sagt Drosten. US-Präsident Barack Obama hatte bereits im Februar 1,9 Milliarden Dollar im Kongress gefordert, um die Zika-Forschung im Land anzutreiben. Bislang noch ohne Erfolg. Dennoch haben US-Behörden schon 600 Millionen Dollar aus bestehenden Förderungen auf Zika-Projekte umgeleitet. Vor allem, um die Suche nach einem Impfstoff zu beschleunigen.

"DNA-Impfstoffe lassen sich relativ schnell entwickeln, weil es sich um Varianten eines bekannten Grundimpfstoffs handelt"

Drosten findet es deshalb wenig erstaunlich, dass viele Arbeitsgruppen in den Staaten nun ihre bisherigen Projekte beiseitelegen, um an Zika zu forschen. "Den Kollegen bleibt aus finanziellen und strategischen Gründen keine andere Wahl." Ebenso wenig erstaunt den Bonner Virologen, dass die ersten Kandidaten schon an der Schwelle zur Klinik stehen. "DNA-Impfstoffe lassen sich relativ schnell entwickeln, weil es sich dabei um Varianten eines bekannten Grundprinzips handelt." Besonders gut wirken diese Impfstoffe Drosten zufolge aber nicht. Bessere Kandidaten seien zwar in der Entwicklung. So forscht der Münchner Virologe Gerd Sutter von der Ludwig-Maximilians-Universität an einer vielversprechenden Zika-Vakzine. Bis diese zugelassen wird, kann es aber noch zwei bis drei Jahren dauern.

Doch selbst wenn es einen wirksamen Impfstoff schon im kommenden Jahr gäbe: Was würde er wirklich nutzen? "Es ist davon auszugehen, dass eine Vakzine gegen Zika für die Epidemie keine Bedeutung mehr haben wird", sagt Jonas Schmidt-Chanasit. Grund dafür ist die lebenslange Immunität all jener Menschen, die eine Zika-Infektion bereits durchgemacht haben. Wenn 30 bis 40 Prozent der Bewohner einer Stadt diesen Schutz haben, kann sich das Virus kaum mehr ausbreiten. Auch Drosten glaubt, dass es im kommenden Jahr nur noch zu einer Nachepidemie mit geringen Infektionszahlen kommen wird. "Für Immunschwache oder junge Frauen mit Kinderwunsch kann eine Impfung dann zwar immer noch sinnvoll sein", sagt Christian Drosten. "Aber ob die Pharmafirmen für eine so geringe Zahl von Menschen einen Impfstoff produzieren werden, ist eine andere Frage."

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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