Medizin:Immer mehr junge Erwachsene leiden an Kopfschmerzen

Chronische Schmerzen

Woher kommt der Kopfschmerz bei Jugendlichen?

(Foto: dpa)
  • Junge Erwachsene leiden häufiger an Kopfschmerzen als noch im Jahr 2005.
  • Dies zeigt eine Auswertung unter acht Millionen Versicherten der Barmer-Krankenkasse.
  • Die Ursache für den Anstieg der Erkrankungszahlen um etwa 40 Prozent ist unklar.
  • Barmer-Vorstandschef Christoph Straub sieht Hinweise, "dass der Druck auf die jungen Menschen zugenommen hat".

Von Thomas Öchsner, Berlin

Immer häufiger heißt bei jungen Erwachsenen, also den 18- bis 27-Jährigen, die ärztliche Diagnose: Kopfschmerzen. Das geht aus dem jüngsten Arztreport hervor, den die Krankenkasse Barmer vorgestellt hat.

In dieser Altersgruppe hat sich die Zahl der Kopfschmerz-Patienten von 900 000 im Jahr 2005 auf 1,3 Millionen 2015 erhöht - ein Plus von mehr als 40 Prozent. Am häufigsten werden dem Report zufolge Kopfschmerzen im Alter von 19 Jahren diagnostiziert.

Frauen leiden nach der Pubertät etwa doppelt so häufig an Kopfschmerzen wie Männer

Woher der kräftige Anstieg kommt, ließ die Krankenkasse aber offen. Barmer-Vorstandschef Christoph Straub sieht in den Zahlen einen Hinweis darauf, "dass der Druck auf die jungen Menschen in den vergangenen Jahren enorm zugenommen hat". Darauf deuten auch die Vergleichszahlen hin: Über alle Altersklassen hinweg wuchsen die Kopfschmerz-Diagnosen binnen der untersuchten zehn Jahre um 12,4 Prozent. Der Anstieg ist also bei Weitem nicht so groß wie bei den jungen Erwachsenen, wobei grundsätzlich gilt: Frauen leiden nach der Pubertät etwa doppelt so häufig an Kopfschmerzen wie Männer.

"Es gibt einen Trend hin in Richtung psychische Belastungen", sagte Straub. Damit verbunden sei der Anstieg bei den Kopfschmerzen, die nicht nur auf eine Zunahme der entsprechenden Diagnosen zurückzuführen sei.

Für den Report hatte das Göttinger Aqua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen die Daten von acht Millionen Barmer-Versicherten analysiert und hochgerechnet. Daraus ergibt sich auch, dass Mediziner verstärkt Migräne-Medikamente verordnen: Bei den 18- bis 27-Jährigen kletterte die Verordnungsrate zwischen 2005 und 2015 um 58 Prozent. Die Krankenkasse hält dies für "alarmierend". Laut Barmer werden fast ausschließlich Mittel aus der Substanzgruppe der Triptane verordnet.

Sie würden, so der Barmer-Chef, als "Wundermittel" für Migräne-Patienten gelten, hätten jedoch eine unerfreuliche Nebenwirkung: Sie könnten selbst Kopfschmerzen auslösen. "Die Dosis macht das Gift. Wer immer wieder zu Medikamenten greift, um Kopfschmerzen loszuwerden, landet im schlimmsten Fall in einem Teufelskreis aus Tablettenkonsum und Dauerkopfschmerzen." Solche Patienten gerieten in die "Pillenfalle", sagte Straub.

Für bedenklich hält er auch den Tablettenkonsum bei manchen Kindern. So ergab eine repräsentative Umfrage der Barmer, dass bereits 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen neun und 19 Jahren Medikamente einnehmen, wenn sie Kopfschmerzen haben. Die Krankenkasse rät stattdessen zu Ausdauersport und Entspannungstechniken. Dabei würden auch Apps helfen, die den Verlauf von Migräne und Kopfschmerzen analysieren. Dies helfe Ärzten bei der Suche nach der richtigen Therapie.

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