Verdacht auf Betrug:Späh-Attacke auf Bankkonten

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Die Ermittler lauern überall: Behörden haben Tausende Privatkonten ausgeforscht - möglicherweise, ohne die Betroffenen danach zu informieren.

Das Misstrauen ist groß: Alleine zwischen Januar und Juni 2009 haben Finanzämter, Staatsalwaltschaften und Polizeibehörden 56.975 private Bankkonten überprüft. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, berichtet die Rheinische Post.

Geldautomat in Düsseldorf: Ermittler haben zwischen Januar und Juni 2009 fast 57.000 Privatkonten bespitzelt. (Foto: Foto: AP)

Anlass für die Späh-Aktionen waren demnach einerseits Vermögensüberprüfungen bei Hartz-IV- und Bafög-Empfängern. Andererseits wurden auch Konten von Verdächtigen zur Abwehr von Straftaten überprüft.

Für die Überwachung von Konten gibt es eigentlich klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Wichtigster Punkt: Die Betroffenen müssen nachträglich informiert werden, das ist in der Abgabenordnung so vorgsehen. Ob die Kontoinhaber nach der Späh-Attacke tatsächlich informiert wurden, konnte die Bundesregierung jedoch nicht sagen, heißt es in dem Bericht.

In der FDP herrscht nun Empörung. "Die Bundesregierung beweist eine erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber rechtsstaatlichen Grundsätzen", sagte die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Gisela Piltz. "Bei Maßnahmen wie der Kontoabfrage muss der Betroffene wenigstens hinterher informiert werden. Sonst ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit nicht möglich."

Streit um "Observationen"

Seit dem Jahr 2003 ist es Behörden gestattet, die Konten verdächtiger Menschen einzusehen. Allerdings darf dies nur im Kampf gegen Steuerhinterziehung oder Terrorismus geschehen. Auch die Arbeitsagenturen dürfen Empfänger staatlicher Transferleistungen überwachen - allerdings nur, wenn die Nachfrage beim Bürger selbst "keine Aussicht auf Erfolg hat".

Im Juni erst hatte die Arbeitsagentur mit der Ankündigung, Hartz-IV-Empfänger schärfer zu kontrollieren, für Empörung gesorgt. Die Behörde aus Nürnberg hatte ausdrücklich in eine Dienstanweisung festgeschrieben, selbst "Observationen" sollten möglich sein - auch von privatem Sicherheitspersonal und freiberuflichen Ermittlern.

Nach lautstarken Protesten aus der Politik und von Sozialinitiativen war die Bundesagentur dann jedoch zurückgerudert. Man sei sich einig, "dass Observationen im Auftrag der BA nicht stattfinden", teilten die Behörde und das Bundesarbeitsministerium mit. Ein entsprechender Passus wurde aus der Anweisung an die Jobcenter gestrichen.

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