Statistik des Instituts der deutschen Wirtschaft:Wer ist schon reich?

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(Foto: N/A)

Das also sollen "die" Reichen sein? Die bestverdienenden zehn Prozent der Deutschen bekommen laut einer Statistik des Instituts der deutschen Wirtschaft 4300 Euro netto. Nicht gerade wenig, doch für die Yacht vor Marbella reicht es dann auch nicht. Der Vergleich mit anderen entscheidet über Armut und Reichtum.

Ein Kommentar von Sibylle Haas

Mit Armut und Reichtum lässt sich vortrefflich Wahlkampf machen. Vor allem die Steuerpolitik wird gerne benutzt, um die Einkommen "gerecht" umzuverteilen. Allerdings ist der Gerechtigkeitsbegriff vage, und ebenso vage ist die Definition von Armut und Reichtum. Die Grünen etwa ziehen die Grenze zum Reichtum bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro, denn da wollen sie den Spitzensteuersatz ansetzen. Bei der SPD sind es 100.000 Euro, bei der Linken 65.000 Euro.

Soeben hat das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ausgerechnet, dass das durchschnittliche Nettoeinkommen der reichsten zehn Prozent der Deutschen monatlich 4300 Euro beträgt. Das also sollen die Reichen sein, die die Opposition und Gewerkschaften zur Kasse bitten wollen? Nun, es ist laut IW eben jenes oberste Zehntel!

Zugegeben, es ist nicht gerade arm, wer im Monat 4300 Euro zur Verfügung hat. Man ist damit aber auch nicht so reich, dass man es sich auf einer Yacht in Marbella gut gehen lassen kann. So ein Lebensstil wird aber gerne unterstellt, wenn von "den" Reichen die Rede ist.

Anders als oft angenommen, bezieht das oberste Zehntel sein Einkommen auch nicht vorwiegend aus Kapitalanlagen und Vermögen, sondern diese Menschen arbeiten als Leitende Angestellte oder sind selbständig - schreibt zumindest das IW.

Es sind die Extreme, die unstrittig sind

500 reichste Deutsche
:Das sind unsere Superreichen

Das "Manager Magazin" hat wieder eine Liste mit den 500 reichsten Deutschen zusammengestellt. Während sich auf den vorderen Plätzen wie jedes Jahr die Aldi-Gründerfamilien finden, stehen die interessanten Personen weiter hinten.

Dass das Institut allerdings gerade jetzt mit diesen Zahlen kommt, verwundert natürlich keineswegs. Das Kölner Institut ist ja bekanntlich kein Anhänger von Steuererhöhungen. Und seine Berechnungen sind dazu geeignet, der schwarz-gelben Koalition die Gegenargumente zu liefern.

Es gibt Menschen in Deutschland, die sehr arm sind, die ihre Kinder in Suppenküchen schicken müssen und auf die Lebensmittel der Tafeln angewiesen sind. Es sind Menschen, die solidarische Hilfe brauchen, damit ihre Kinder eine ordentliche Ausbildung bekommen.

Und es gibt Menschen, die im Reichtum (und in Marbella) schwimmen, deren Garagen so üppig sind, dass Großfamilien darin Platz fänden; Menschen, die so viel Geld haben, dass sie aus Lebensmitteln Dekorationen für ihre Partys schnippeln lassen. Es sind die Extreme, die unstrittig sind. Dazwischen aber ist die Bestimmung von Armut und Reichtum oft schwierig und subjektiv.

Der Vergleich ist ausschlaggebend

Auch die IW-Statistik bildet die Realität nicht eins zu eins ab, sondern beruht auf Einkommens-Umfragen, bei denen Wissenschaftler auf die Teilnahme und die Ehrlichkeit der Angerufenen angewiesen sind. Ein anderer, häufiger Maßstab zur Armuts- und Reichtumsmessung ist das "mittlere Einkommen", bei dem es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Einkommen gibt. Demnach gelten Menschen als armutsgefährdet, die weniger als 60 Prozent dieses Einkommens haben. Kuriose Folge dieses Maßstabs ist aber, dass in einer reichen Gesellschaft der weniger Reiche als arm gilt.

Sieht man von jenen Menschen ab, die von der Grundsicherung leben müssen, ist das Gefühl, arm oder reich zu sein, sehr subjektiv. Es hängt davon ab, welchen Freundeskreis man hat, wie viel man im Vergleich mit den Kollegen verdient, in welcher Stadt oder in welchem Stadtviertel man wohnt. Wenn ein Durchschnittsverdiener nur Millionäre in seinem Freundeskreis hat, wird er sich womöglich sehr arm fühlen.

Auch die Höhe eines Nettoeinkommens sagt nur begrenzt etwas darüber aus, ob jemand arm ist oder reich. Wer in München, Hamburg oder Frankfurt mit 2000 Euro netto im Monat auskommen muss, ist wohl ärmer als jemand, der im Bayerischen Wald wohnt. Der Vergleich ist ausschlaggebend, ob sich jemand arm oder reich fühlt oder etwas als gerecht oder ungerecht empfunden wird. Das gilt letztlich auch für die Höhe der Einkommensteuer.

© SZ vom 19.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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