Proporz in der EU:Merkel will Axel Weber an die EZB-Spitze hieven

Berlin macht sich schon jetzt mächtig stark dafür, dass Axel Weber nächster Präsident der Europäischen Zentralbank wird.

C. Gammelin und C. Hulverscheidt

Die Bundesregierung will an diesem Montag Bundesbankpräsident Axel Weber den Weg an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) ebnen. Wie aus Regierungskreisen verlautete, wird Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus den 16 Euro-Ländern in Brüssel darauf dringen, dass der portugiesische Notenbankchef und "Südeuropäer" Vitor Constancio als neuer EZB-Vizepräsident nominiert wird.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) und Bundesbankpräsident Axel Weber, Foto: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) holt sich immer wieder Rat von Bundesbankpräsident Axel Weber.

(Foto: Foto: AP)

Nach den Proporzregeln der EU würde das die Chancen des "Nordeuropäers" Weber deutlich erhöhen, im Herbst 2011 Nachfolger von Notenbankpräsident Jean-Claude Trichet zu werden.

Webers Hauptkonkurrent ist der italienische Zentralbankchef Mario Draghi, der wie der Bundesbankpräsident international hohes Ansehen genießt. Draghis Erfolgsaussichten würden sich verbessern, wenn an Stelle von Constancio der Belgier Peter Praet oder der Luxemburger Yves Mersch nun EZB-Vize würde. Das allerdings will die Bundesregierung verhindern, wie aus einer internen Vorlage des Finanzministeriums von Ende Januar hervorgeht.

Der Süden pocht auf "angemessene Vertretung"

In dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird konstatiert, dass die südlichen Euro-Staaten nach dem Ausscheiden des griechischen EZB-Vizepräsidenten Lucas Papademos "auf angemessene Vertretung pochen" werden.

Die Bundesregierung müsse aufpassen, "dass daraus nicht ein Momentum für Draghi als künftigem EZB-Präsident entsteht". Minister Schäuble solle deshalb in der Diskussion darauf verweisen, "dass in der aktuellen Zusammensetzung des Direktoriums (der EZB, die Red.) der Süden mit drei Direktoren aus Griechenland, Italien und Spanien ungewöhnlich stark vertreten ist".

Sollte sich die sogenannte Eurogruppe an diesem Montagabend auf einen neuen EZB-Vizechef verständigen, könnte dieser am Dienstag beim Treffen aller 27 EU-Finanzminister offiziell nominiert und Ende März von den Staats- und Regierungschefs berufen werden.

Aus Kreisen der EU-Mitgliedsstaaten verlautete, Constancios Ernennung sei "ziemlich sicher". Der Belgier Praet habe nur Außenseiterchancen, Luxemburg verfüge seit der Wahl von Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zum ständigen Vorsitzenden der Eurogruppe bereits über ein Spitzenamt in der EU. Deutschland hingegen sei eher unterrepräsentiert.

Geschäft zwischen Berlin und Paris

So hatte die Bundesregierung beim Neuzuschnitt der EU-Kommission den Posten des Energiekommissars erhalten, der intern nicht zu den wichtigsten Ämtern gezählt wird und den sie mit dem früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger besetzte.

Für die Berufung Webers zum EZB-Präsidenten hat sich Kanzlerin Angela Merkel nach einem Bericht des Magazins Der Spiegel bereits die Unterstützung des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy gesichert.

Damit hätte Merkel die Front der Südländer aufgebrochen, deren inoffizieller Anführer Frankreich ist. Möglicherweise steckt dahinter ein Geschäft zwischen Berlin und Paris, denn die Kanzlerin hatte zuvor ihren jahrelangen Widerstand gegen Sarkozys Pläne aufgegeben, eine Art EU-Wirtschaftsregierung zu schaffen. Dadurch sollen die Wirtschafts- und die Finanzpolitik in der Europäischen Union enger verzahnt werden.

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