Flucht in Immobilien:Bau dir deinen Traum

Lesezeit: 3 min

Mein Haus, mein Garten, mein Schutz - in der Krise kaufen mehr und mehr Deutsche Immobilien. Viele verdrängen dabei hohe Risiken. Denn auch Betongold hat seine Tücken.

Angelika Slavik

In guten Zeiten, da gelten Immobilien vielen als spießig. Spießig bedeutet dann: langweilig, einfallslos, ertragsschwach. Aber jetzt, da sind die Zeiten unsicher. Und da übt die Spießigkeit von Wohneigentum einen enormen Reiz auf viele Bürger aus. Spießig, das bedeutet nun vor allem: sicher. Und sicher ist gut, Ertragsschwäche hin oder her.

Frisch renoviert, frisch investiert. (Foto: Renate Schmidt)

Im Verlauf der Krise wurden Immobilien zu einer der begehrtesten Anlageformen der Deutschen. In vielen großen Städten ist der Markt für Eigentumswohnungen mittlerer Größe praktisch leer gekauft, die Makler können längst nicht mehr alle Kaufwilligen bedienen. Aber ist die so gerne als "Betongold" gepriesene Fluchtwährung wirklich so sicher, wie all diese neuen Wohnungsbesitzer und Hauseigentümer denken?

Das hängt vor allem davon ab, welches Krisenszenario man der Betrachtung zugrunde legt. Da ist etwa das Lieblingsargument besonders pessimistischer Anleger: Im Fall eines totalen Systemkollaps kann man in einer Wohnung immer noch, genau, wohnen. Unabhängig von Wertentwicklungen und Währungsturbulenzen bietet Immobilien-Eigentum zumindest immer noch diesen einen Nutzen, komme, was wolle. Aber weil nicht jeder davon ausgehen möchte, dass die Krise schließlich nur noch die Befriedigung elementarer Bedürfnisse in den Mittelpunkt rückt, lohnt es sich doch, genauer hinzuschauen: Rettet der Kauf einer Immobilie das Kapital der Anleger?

Einer der Hauptgründe für den Erwerb eines Hauses oder einer Eigentumswohnung ist die Hoffnung auf Schutz vor Inflation. Die Schuldenkrise in Europa schürt die Angst vor der Teuerung, gehen doch viele Beobachter davon aus, dass die Defizitproblematik schlussendlich eine kräftige Geldentwertung zur Folge haben wird. Immobilien sind in Hinblick auf Inflationsschutz günstig, schließlich, so könnte man meinen, passt sich ihr Wert an die allgemeine Preisentwicklung an. Auch die Mieteinnahmen werden in der Regel an die Inflation angepasst. Allerdings gibt es auch Gegenargumente: Wenn die Wirtschaft einbricht, gehen häufig auch die Preise am Immobilienmarkt nach unten - und dann wird die Sache mit dem Werterhalt schon wieder kompliziert.

Droht in Deutschland eine Blase?

Dazu kommt: In vielen Ballungsgebieten sind die Immobilienpreise seit Beginn der Krise extrem gestiegen. Eine Entwicklung, die sogar die Bundesbank nervös macht. Von Blasengefahr ist die Rede. Klar ist, wer jetzt eine Wohnung kauft, macht vermutlich kein Schnäppchen. Die Nervosität der Anleger hat dem Markt kräftig eingeheizt. Wenn sich die Stimmung beruhigt und all die frisch gebackenen Immobilienbesitzer ihre Objekte wieder auf den Markt werfen, um in ertragsstärkere Produkte zu investieren - werden sie dann die gleichen Preise erzielen können, die sie jetzt bezahlt haben? Das gilt einigen Beobachtern zumindest als fraglich.

Dazu kommt das Thema Finanzierung. Im Augenblick sind Baukredite billig, das erleichtert vielen Menschen die Anschaffung von Wohneigentum, die sich das in Zeiten höherer Zinsen nicht hätten leisten können. Doch mit dem günstigen Kredit ist auch ein Risiko verbunden: das der Anschlussfinanzierung. Wenn der aktuelle Kredit in zehn Jahren ausläuft, könnte das Zinsniveau deutlich höher liegen als derzeit. Die heute angeschaffte Immobilie könnte für die Kreditnehmer dann eine ungleich höhere finanzielle Belastung bedeuten - die nicht für alle zu stemmen sein wird. Wer sich dann unter Druck von seinem Immobilienbesitz wieder verabschieden muss, macht womöglich unterm Strich auch kein gutes Geschäft.

Ebenfalls zu bedenken: Immobilienbesitzer werden in unruhigen Zeiten gerne mit zusätzlichen Abgaben belastet - wie das in zahlreichen Krisenländern gerade passiert. Auch das ist ein Risiko in Hinblick auf die Ertragsaussichten.

Allerdings machen Immobilien auch Punkte, vor allem je düsterer man das Krisenszenario zeichnet. Wenn die Euro-Zone zum Beispiel vollkommen auseinanderbrechen würde, wäre Wohneigentum ein vergleichsweise sicherer Hafen - vor allem, wenn man sie lange genug behalten könnte, um die dann zu erwartende Rezession durchzustehen.

Aber nicht jeder, der sein Geld in Immobilien investieren will, kann gleich eine eigene Wohnung oder ein Haus kaufen. Früher setzten viele Bürger deshalb auf offene Immobilienfonds, doch die erwiesen sich in der Krise als instabil. Die Anlageklasse wurde arg dezimiert, viele Investoren warten immer noch auf ihr Geld. Von 2013 an, so steht es in einem Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums, sollen offene Fonds gar nicht mehr aufgelegt werden dürfen. Für die Anleger bleiben also nur noch: geschlossene Beteiligungen. Auch für die gelten dann neue Regeln. Fonds, die nur noch ein einziges Objekt betreuen, sollen nur noch mit einer Mindestbeteiligungssumme von 50.000 Euro erlaubt sein. Für die Durchschnittsanleger ist das wohl zu viel - sie müssen auf Fonds ausweichen, die mehrere Objekte betreuen. Risikostreuung, das ist die Idee hinter dem Entwurf. Viele Anlegeranwälte sind dennoch entsetzt, sie halten geschlossene Fonds wegen des Verlustrisikos grundsätzlich ungeeignet für private Anleger - wenn das Projekt nicht läuft wie gewünscht, ist im schlimmsten Fall das ganze eingesetzte Kapital weg.

Das war dann auch wieder nix mit dem Traum von der Sicherheit.

© SZ vom 31.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: