Dividenden in Krisenzeiten:Aus der Substanz

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Die Aktionäre müssen bluten: Deutsche Unternehmen zahlen insgesamt weniger Geld an die Anteilseigner aus - wegen der Krise.

Caspar Busse

Wenn in diesen Wochen wieder die Saison der Hauptversammlungen beginnt, dann finden sich vor allem Kleinaktionäre bei den großen börsennotierten Unternehmen ein. Sie kommen meist in den Genuss von Würsteln, belegten Brötchen und Getränken. Doch diese Naturaldividende kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass insgesamt die Ausschüttungen deutlich zurückgehen.

Die Dividenden der Dax-Konzerne - klicken Sie hier, um die Graphik zu vergrößern. (Foto: SZ-Graphik: Kapitany)

Dabei könnten die Zahlungen in Zeiten stark sinkender Börsenkurse ein hübsches Trostpflaster für die Anteilseigner sein. Aber die Wirtschaftskrise macht sich auch hier bemerkbar: Haben 2008 die 30 größten deutschen Konzerne im Deutschen Aktienindex Dax noch mehr als 28 Milliarden Euro an die Aktionäre überwiesen, werden es nach ersten Berechnungen 2009 weniger als 20 Milliarden Euro sein - ein Rückgang von immerhin fast 30 Prozent (siehe Grafik). Vor allem die Finanz- und die Autobranche, beide vom Abschwung besonders hart getroffen, kürzen die Dividende. 2010 könnte es angesichts der weltweiten Krise und damit sinkender Gewinne gar zu einem weiteren Rückgang kommen. Das ist bitter für die ohnehin geplagten Aktionäre.

Der Blick in den Rückspiegel

Die Unternehmen werden vorsichtiger, sie halten in der Krise das Geld zusammen, um für weitere Abschwünge gewappnet zu sein. Eigentlich ist die Dividendenzahlung ohnehin nur ein Blick in den Rückspiegel, weil sie sich auf die in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinne bezieht. Manche Firma will aber mit einer hohen Ausschüttung ein Signal dafür setzen, dass es bald wieder aufwärts geht und die schlechte Gewinnentwicklung im Moment nur ein einmaliger Fehltritt ist. So schütten einige Unternehmen, darunter die Deutsche Telekom, mehr aus, als sie unter dem Strich im abgelaufenen Geschäftsjahr verdient haben, die Dividende wird also im weitesten Sinne aus der Substanz gezahlt.

Zu hohe Ausschüttungen können deshalb gefährlich sein. Einige Finanzinvestoren hatten so den erworbenen Unternehmen Kapital entzogen. Der Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 etwa schüttete 2008 dreimal mehr aus, als an Gewinn erzielt wurde. Auch der Modekonzern Hugo Boss gewährte dem Finanzinvestor Permira und den anderen Aktionären eine Sonderdividende. Die Allianz gehört zwar keinem Finanzinvestor, zahlt aber trotzdem eine Dividende aus der Substanz. Der Münchner Versicherungskonzern erwirtschaftete 2008 ein dickes Minus - in erster Linie wegen der Tochter Dresdner Bank, die inzwischen an die Commerzbank abgegeben wurde, auch mit Hilfe des Staates.

Bundesfinanzminister und SPD-Vize Peer Steinbrück kritisierte allgemein hohe Dividenden in der Krise, insbesondere wenn die Unternehmen indirekte Hilfe vom Staat, wie zum Beispiel Kurzarbeitergeld, erhalten. Allianz-Chef Michael Diekmann dagegen verteidigt die Dividende. "Die Kritik der Politik an Dividendenzahlungen ist ein verheerendes Signal nach außen", sagt er. Die internationalen institutionellen Investoren würden sich gut überlegen, ob sie unter solchen Bedingungen überhaupt noch Aktien in Deutschland kaufen sollten, meint Diekmann: "Wir brauchen aber Privatbeteiligungen für einen liquiden, gut funktionierenden Kapitalmarkt."

Irritationen vermeiden

Der Münchner Gasespezialist Linde will die Dividende anheben, obwohl er für 2008 einen Rückgang des Nettoergebnisses meldete. "Das ist eine ausgewogene Maßnahme", verteidigt sich Linde-Chef Wolfgang Reitzle. Man orientiere sich am operativen Ergebnis und nicht an dem, was unter dem Strich in der Jahresrechnung steht. Sollte irgendwann eine Kapitalerhöhung notwendig werden, soll Linde auf eine konstante Dividendengeschichte zurückblicken können. "Wir wollen den Kapitalmarkt nicht irritieren", betonte Reitzle.

Auch der Versorger Eon schüttet mehr aus, obwohl der Gewinn zurückgeht. Dividendenerhöhungen gab es zudem beim Dax-Neuling K+ S, bei Beiersdorf, RWE oder VW. Einige Unternehmen kürzten aber radikal, etwa die schwer getroffenen Autobauer BMW und Daimler. Die Commerzbank, an der nun der Staat mit 25Prozent beteiligt ist, lässt die Dividende ebenso ausfallen wie die Postbank, die jetzt zur Deutschen Bank gehört.

© SZ vom 18.03.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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