Townhall-Meeting:Facebook-Fragerunde in Berlin: die Textbausteine des Mark Z.

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Rund 1400 Studenten nahmen an der Fragerunde mit Mark Zuckerberg in der Arena Berlin teil. (Foto: dpa)

Mark Zuckerberg trifft in Berlin auf Studenten. Die dürfen Fragen stellen, aber nicht nachhaken. Der Kontakt mit der Öffentlichkeit wird zur PR-Show.

Von Johannes Boie, Berlin

Drei Minuten bevor alles vorbei ist, stellt eine Studentin die vorletzte Frage. Sie lautet: Mark, wie wird Facebook die Welt in den kommenden Jahren zum Besseren verändern?

Und das beschreibt die Veranstaltung, die Facebook für seinen Chef, Mark Zuckerberg, am Freitagnachmittag in Berlin ausgerichtet hat, recht gut. Für zwei Tage war Mark Zuckerberg in Berlin. Nur diese eine Stunde am Freitag in der Halle "Arena" in Treptow war für den direkten Kontakt mit der breiten Öffentlichkeit gedacht. "Townhall-Meeting" nennt Facebook das, und die Pressesprecher sind stolz darauf, dass in Deutschland - anders als in Kalifornien - nicht nur Studenten zugelassen waren, sondern auch zwei Reihen Journalisten. Die durften allerdings keine Fragen stellen.

Es mangelt nicht an Problemen, die Facebook in Deutschland und Europa hat und verursacht. Da ist die Debatte um mangelhaften Datenschutz. Da ist die zweifelhafte Geschäftsstrategie, den Armen der Welt einen Facebook-Zugang zu schenken, den der Konzern als "Internet" bezeichnet. Ein Angebot, das Indien und Ägypten bereits verboten haben. Und insbesondere in Deutschland ist der Streit um Hass und Hetze auf Facebook groß. Bundesjustizminister Heiko Maas hat ebenso wie Kanzleramtschef Peter Altmaier Zuckerberg aufgefordert, sich des Problems anzunehmen.

Bevor Zuckerberg in Berlin die Bühne tritt, beginnt die Veranstaltung mit "Tina" und "Martin" "von Facebook". Für die beiden Mitarbeiter scheint auf dieser Veranstaltung kein Zwang zur vollständigen Namensnennung zu bestehen, anders, als man es zum Beispiel als Facebook-Nutzer gewöhnt ist. "Es gibt ein paar Fragen, die wir auch intern nicht stellen dürfen", kündigt Martin an. Heute soll das Verbot aber nur für Geschäftszahlen gelten. Die Fragen, die Zuckerberg beantworten will, kommen live von Nutzern von Facebook, aus dem Saal und aus den Kommentaren auf Zuckerbergs eigener Facebook-Seite.

Der Saal johlt

In der ersten Frage geht es um, wie der fragende Student sagt "Thema live videos today nur für Prominente" und noch irgendwas, aber das Englisch des Vortragenden ist zu schlecht, um die Frage verständlich zu formulieren. Der Saal johlt. Zuckerberg antwortet: "Yes." Und nützt die Gelegenheit, um zu erzählen, dass es derzeit allen Facebook-Nutzern ermöglicht wird, live Videos auf Facebook zu übertragen. Tatsächlich wird die Funktion just an diesem Tag von Facebook für Android-Handys freigeschaltet. Was für ein schöner Zufall.

So geht es nun für eine Stunde dahin. Zuckerberg lässt keine Chance aus, zu betonen, dass er die Welt zu einem besseren Ort machen möchte, durch die Ausbreitung des Internet. Dazu bemüht er die Geschichte der Stadt, in der er zu Besuch ist: "Berlin ist ein sehr besonderer Ort für mich, keine Stadt ist so ein Symbol für das Niederreißen von Mauern."

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Zum Thema Hass auf Facebook sagt Zuckerberg: "Wir haben keinen guten Job gemacht". Hass habe keinen Platz auf Facebook. Er habe aber mit dem deutschen Premierminister gesprochen und wolle das Problem nun lösen. Es ist nicht ganz klar, ob Zuckerberg damit Kanzleramtsminister Peter Altmaier, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Justizminister Heiko Maas meint. Auf jeden Fall verspricht er: "Wir werden Hatespeech gegen Migranten in unsere Regeln aufnehmen, das ist jetzt verboten." Erstmals macht Zuckerberg auch konkrete Angaben dazu, wie viele Menschen sich in Deutschland darum kümmern, Hass zu löschen. 200 Mitarbeiter sollen sich beim Dienstleistungsunternehmen, einer Bertelsmann-Tochter darum kümmern.

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Das Thema ist eines von vielen, bei denen man gerne nachfragen möchte, aber erstens ist es nicht erlaubt und zweites kommt schon die nächste Frage, ein "slightly lighter topic": Wann sollen Kinder eigentlich mit Facebook anfangen? Die interessantere Frage wäre, warum immer weniger Kinder und Jugendliche Facebook überhaupt verwenden - aber dann könnte Zuckerberg nicht darüber reden, dass für ihn Technologie Kreativität ermögliche. Zum Thema Privatsphäre sagt Zuckerberg: "Die Leute werden Dienste nicht mehr nutzen wollen, wenn sie das Gefühl haben, dass die Daten unsicher sind." Er betont, dass Nutzer volle Kontrolle über ihre Daten auf Facebook hätten. Das klingt gut, aber stimmt es auch? Erneut keine Nachfragen.

Eine Studentin fragt nach Filterbubbles, also dem Problem, dass Menschen in sozialen Netzwerken oft nur der eigenen Meinung begegnen. In einem Nebensatz erwähnt sie das Facebook-Programm "internet.org", ansonsten lässt ihre Frage an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Applaus brandet auf. Wie nimmt Zuckerberg die Frage auf? "Danke, dass du internet.org erwähnst". Dann macht er eine Weile Werbung für das massiv umstrittene Programm. Zur eigentlichen Frage sagt er nur, es gebe keine Filterblasen. Dreißig Prozent dessen, was ein Mensch auf Facebook sehe, komme von Nutzern, die unterschiedliche Meinungen vertreten würden. Fertig. Dann kommt eine Frage zu seinem Baby und seinem Hund.

Die Frage nach dem stressigen Leben

Man erfährt dann noch, dass Zuckerberg auf der "Seite der Hoffnung" und des Optimismus" stünde, wenn es um künstliche Intelligenz gehe. Es folgt sein gern verwendeter Textbaustein zu Autos, die sicherer werden, wenn die Fahrer von künstlicher Intelligenz unterstützt werden. Weitere Fragen beschäftigen sich mit der Freude, ein Vater zu sein und mit der Frage, wie er sein sicher sehr stressiges Leben auf die Reihe bekommt. Zuckerberg sagt: "Wenn ich das Gefühl habe, am falschen zu arbeiten, dann ändere ich das."

Die letzte Frage dreht sich um virtuelle Realität, eines seiner Lieblingsthemen. Wieder feuert er ein paar Textbausteine ab. "Videos werden jetzt die wichtigste Form, in der wir Dinge verbreiten." Als nächstes komme dann künstliche Intelligenz, die Zukunft werde super.

Das alles ist nicht die Schuld und auch kein Problem der geladenen Studenten. Sie stellen die Fragen, die sie interessieren. Sie fragen nicht nach, weil sie anderes zu tun haben, als Facebook auf die Finger zu gucken. Sie sind Nutzer, keine Journalisten. Für Facebook allerdings ergibt sich damit eine äußerst angenehme Lage. Der Konzern vermittelt das Gefühl, der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen, aber er umgeht kritische Fragen und Nachfragen. Gleichzeitig lässt Zuckerberg keine Gelegenheit aus, um sich als Förderer von Bildung, Hilfsbereitschaft und Demokratie darzustellen. Ausdrücklich lobt er in Berlin die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin als "Vorbild für die ganze Welt". Eigentlich möchte er das selbst auch sein.

Mark Zuckerberg zu Besuch in Berlin - lesen Sie die Reportage mit SZ Plus:

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