Bush trifft Zuckerberg:"Du bist nicht gerade Jay Leno"

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Internet-Guru Mark Zuckerberg redete mit dem Alt-Politiker George W. Bush. Der einstige Präsident gab sich als Technik-Skeptiker, der gerne Vögeln zuhört. Es wurde bald klar, wer sympathischer ist.

Johannes Kuhn

Jung kontra Alt, Vergangenheit trifft Zukunft, ein Sakkoträger plauscht mit einem Kapuzenpulli-Fan: Es sind zwei Welten, die an diesem Abend in der Zentrale des Internet-Konzerns Facebook im kalifornischen Palo Alto aufeinander prallen.

Ex-Präsident Bush (links) und Facebook-Chef Zuckerberg: Besuch beim mächtigsten Wunderkind der Welt. (Foto: N/A)

Auf der einen Seite George W. Bush, 64: konservativer und wenig geliebter Ex-Präsident der USA, der seine Nation in zwei Kriege führte. Ihm gegenüber: Facebook-Chef Mark Zuckerberg, 26, der Universitätsabbrecher, der die Welt mit seiner Idee einer social community eroberte. Sein Internet-Portal zählt inzwischen mehr als 500 Millionen Nutzer - die USA hat weniger Einwohner.

"Facebook Guests" heißt die Gesprächsrunde, bei der das soziale Netzwerk Prominente einlädt, um vor der Belegschaft und einem weltweiten Web-Publikum zu diskutieren ( hier die Aufzeichnung im Netz). Weltbewegende Neuigkeiten erfahren die Zuschauer selten: Bush ist angereist, um seine Autobiographie zu bewerben.

Das von Facebook-Rechtsvorstand Ted Ullyot moderierte Gespräch lebt erkennbar von den Gegensätzen. Die liegen rhetorisch durchaus anders, als man es beim Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Zukunft auf den ersten Blick erwarten mag: Als der als schüchtern und introvertiert bekannte Mark Zuckerberg nach einer etwas holprigen Einleitung Bush auf die Bühne bittet, kommentiert dieser trocken in Anspielungen auf einen bekannten TV-Entertainer: "Du bist nicht gerade Jay Leno."

In den folgenden 60 Minuten spielt der Alt-Politiker entspannt den ehemaligen Regierungschef. Er glaubt, die Geschichte werde ihn einst positiver bewerten als die US-Bürger heute. Mark Zuckerberg, dem Wunderkind des Silicon Valley, fällt dabei nur die Rolle des etwas eingeschüchtert wirkenden Stichwortgebers zu.

Warum er die Facebook-Zentrale besuche, wird George W. Bush gefragt. "Ihr sorgt dafür, dass wir eine Menge Aufmerksamkeit bekommen", lautet die Antwortet: "Und ich versuche, Bücher zu verkaufen." Zuckerberg bleibt da nicht viel mehr, als lachend auf seine Schenkel zu klopfen und "gut, sehr gut" zu rufen.

Als die zwei Zeitgenossen später über Bildung reden, wirft Bush dem Multimillionär Zuckerberg scherzhaft einen tadelnden Blick zu: "Sie haben Ihr Studium nicht abgeschlossen!" Daraufhin lachen beide und stoßen locker ihre Fäuste in High-Five-Manier zusammen.

Bei so viel routinierter Herzlichkeit könnte der Betrachter beinahe glauben, der Republikaner Bush aus dem Öl-Staat Texas und die kalifornische Internetbranche seien einander herzlich in Freundschaft verbunden. In der Realität jedoch war das Verhältnis stets gespalten.

Trotz des liberalen Rufs der Tech-Szene spendeten viele IT-Unternehmer 2004 für Bushs Wiederwahl-Kampagne. Sie hatten ja von seinen Steuersenkungen für Besserverdienende profitiert. Vor den Kongresswahlen 2006 und der Präsidentschaftswahl 2008 hingegen gelang es den Demokraten, die reichlich sprudelnden Geldquellen der IT-Unternehmen anzuzapfen.

Gerade Barack Obama hatte nicht nur mit einem modernen Internet-Wahlkampf, sondern auch mit dem Versprechen einer technologiefreundlichen Politik die Hoffnung der Branche geschürt. John McCain hatte da keine Chance.

So dürfte George W. Bush als der Präsident in die Geschichte eingehen, in dessen Amtszeit das Internet zum Massenmedium wurde, er selbst aber die neuen Möglichkeiten jedoch kaum zu nutzen wussten.

Im Facebook-Gespräch machte Bush aus seiner Technologie-Fremdheit keinen Hehl: E-Mails habe er während seiner Amtszeit kaum geschrieben, da aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes diese irgendwann einmal veröffentlicht werden könnten. 170 Millionen Regierungs-Mails könnten theoretisch einmal zugänglich werden. "Ich wollte nicht, dass meine darunter sind", so Bush.

Von Wikileaks hat er so wenig zu fürchten.

Heutzutage, so der einstige Präsident weiter, nutze er ein Blackberry, das iPad, sowie "das Facebook". Den iPod, den er früher bei seinen präsidialen Fahrradtouren dabei gehabt hätte, benötige er nicht mehr. Ehrliches Geständnis: "Ich mag es, den Vögeln zuzuhören."

Bei so viel Harmonie fand Facebook-Chef Zuckerberg am Ende auch noch eine erstaunliche Parallele zwischen dem umstrittenen Kurs der Bush-Regierung und seinem eigenen Unternehmen: "Vieles, was wir entwickeln, ist intern sehr viel klarer als nach außen." Am ehemaligen Präsidenten habe er deshalb bewundert, dass dieser trotz heftiger Kritik seine Entscheidungen nicht revidiert habe.

Diese Worte aus dem Mund eines 26-Jährigen zu hören, der einmal das Zeitalter der Privatsphäre für beendet erklärt hätte, ist erstaunlich.

Und so zog der Buchverkäufer Bush einigermaßen beglückt aus der Hochstätte des Internet aus. Klarer Fall von mission accomplished.

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