Urteil des Bundesgerichtshofs:Eltern müssen auch bei verspäteter Ausbildung zahlen

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Mehr Zeit zur Orientierung: Der Bundesgerichtshof nimmt den Druck von jungen Menschen, gleich nach der Schule einen Ausbildungs- oder Studienplatz finden zu müssen. Doch wer von den Eltern finanzielle Unterstützung will, darf nicht auf der faulen Haut liegen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Pflicht von Eltern präzisiert, ihren volljährigen Kindern eine Erstausbildung zu finanzieren. Diese Verpflichtung gilt auch dann, wenn zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn mehrere Jahre liegen. Mit seinem Urteil (Az: XII ZB 220/129) gab der BGH einer heute 24-Jährigen recht, die ihren Vater auf Unterhalt verklagt hatte.

Bisher hatten die Gerichte ein Jahr als Orientierungszeitraum zwischen Schule und Berufsausbildung akzeptiert. Danach mussten meist nicht mehr die Eltern, sondern die Kinder selbst für ihre Ausbildung aufkommen.

Für die Zahlungspflicht der Eltern ist dem Gericht zufolge maßgeblich, dass die Jugendlichen die Pause nach der Schule nutzen, um einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Klägerin hatte sich nach ihrer mittleren Reife mit mäßigem Notendurchschnitt drei Jahre lang mit Gelegenheitsjobs und Praktika durchgeschlagen. Als sie schließlich 2010 eine Ausbildung zur Verkäuferin begann, wollte der Vater nicht zahlen. Sie habe sich zu viel Zeit zwischen Schule und Ausbildung gelassen, lautete seine Begründung.

Eltern müssen nicht für "Bummel-Studenten" zahlen

Tatsächlich müssen Eltern ihren Kindern eine Erstausbildung nicht in jedem Fall finanzieren: Der Elternpflicht steht laut BGH die "Obliegenheit" der Kinder gegenüber, ihre Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und sie in angemessener Zeit zu beenden. Demnach müssen Eltern keinen Ausbildungsunterhalt mehr zahlen, wenn ihre Sprösslinge sich etwa beim Studium zu viel Zeit lassen oder die Ausbildung abbrechen, um in einer anderen Branche eine neue zu beginnen.

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Im vorliegenden Fall argumentierte das Gericht jedoch, die Klägerin sei ihrer Verpflichtung trotz der verstrichenen Zeit nachgekommen. Gerade schwächere Schüler seien darauf angewiesen, mögliche Arbeitgeber durch Motivation und Interesse von sich zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Orientierungspraktika oder Gelegenheitsjobs geschehen.

Der in den Niederlanden lebende Vater muss seiner Tochter nun für die Zeit der Ausbildung monatlich etwa 220 Euro Unterhalt nachzahlen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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