Arbeitskampf in Dänemark:Schulen sperren Lehrer aus

Knapp 900.000 dänische Schüler können sich nach Ostern über einen zusätzlichen freien Tag freuen. Im Arbeitskampf mit den Lehrern haben die Schulbetreiber am Dienstag zu einem drastischen Mittel gegriffen - und die Pädagogen einfach ausgesperrt.

Die öffentlichen Arbeitgeber Dänemarks haben am Dienstag alle Gesamtschulen ("Folkeskoler") lahmgelegt, indem sie die Lehrer nicht in die Schulgebäude ließen. Sie wollen damit längere und flexiblere Unterrichtszeiten erzwingen.

Die meisten Lehrer in Dänemark sind nicht verbeamtet. Sie können für eigene Forderungen streiken - und wie im konkreten Fall auch von ihrem Arbeitgeber ausgesperrt werden. Die Arbeitgeberseite hatte sich zu diesem drastischen Schritt entschlossen, weil die Lehrergewerkschaft eine Erhöhung der Pflichtstundenzahl ablehnt. Die Pädagogen wehren sich auch dagegen, dass die jeweilige Schulleitung bei der Festsetzung der Arbeitszeiten mehr Entscheidungsfreiheit bekommt.

Von der Maßnahme gegen die Pädagogen sind nach Angaben des Unterrichtsministeriums allein in der Haupstadt Kopenhagen alle 566.000 Schüler der ersten bis neunten Klassen betroffen. Insgesamt bekommen etwa 875.000 Schüler und 69.000 Pädagogen den Unterrichtsausfall zu spüren.

Schüler freuen sich über Unterrichtsausfall

"Ganz prima" nennt das Drittklässler Mikkel Hansen aus Fredrikshaven im TV-Interview. Er darf den ersten Tag nach Ostern statt auf der Schulbank im "Autohaus Uggerhøj" verbringen. Überall erklärten sich Einrichtungen und Privatpersonen bereit, die Kinder zu betreuen. Auch viele Schulen standen offen - ohne Unterricht.

Zeitgleich demonstrierten Lehrer vor den Rathäusern. Sie waren schriftlich über die Aussperrung informiert worden. Die meisten Pädagogen sehen die Maßnahme als brutale Durchsetzung einer "Discountschule" mit längeren Unterrichtszeiten, aber ohne Zusatzkosten.

Starre Tarifverträge zur Pflichtstundenzahl für alle Lehrer seien überholt, argumentierte dagegen der Chefunterhändler der kommunalen Arbeitgeber, Michael Ziegler. Das in vielen anderen Ländern undenkbare Mittel, Lehrer einfach auszusperren, verteidigte er im Sender TV2 News: "Die Lehrer hatten auch kein Problem damit, uns in den letzten zehn Jahren dreimal mit Streik zu drohen."

Auch beim Kampf um die Sympathien der Bürger haben die Arbeitgeber die Samthandschuhe abgelegt. Sie behaupten, Dänemarks Lehrer würden nur 16 Stunden Unterricht pro Woche geben. Zudem hätten Lehrer über 60 Anspruch auf viereinhalb zusätzliche Ferienwochen pro Jahr. "Privilegien, die sonst niemand in Dänemark hat", so der Chefunterhändler. Die Lehrergewerkschaft wies die Berechnungen als Propaganda zurück.

Ministerpräsidentin: "Normaler Tarifkonflikt"

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt lässt keine Gelegenheit aus, ihren 5,6 Millionen Bürgern die Notwendigkeit von mehr Arbeit und mehr Lernen einzubläuen, mit dem Hinweis auf eine zunehmende globale Konkurrenz. Dafür will die Regierung an den Gesamtschulen ein "modernes Unternehmensmanagement" durchsetzen. Unterrichtsministerin Christine Antorini hatte im Dezember Reformpläne vorgelegt, unter anderem für die Einführung einer obligatorischen Ganztagsschule, finanziert durch neue Arbeitszeitmodelle.

Noch sieht Ministerpräsidentin Thorning-Schmidt keinen Grund, in den Streit einzugreifen. Die weitreichende Maßnahme der Arbeitgeberseite sei ein "normaler Tarifkonflikt". Beobachter rechnen jedoch damit, dass Regierung und Parlament den Arbeitskampf zügig per Zwangseingriff beenden werden - und das wohl weitgehend mit den von den Arbeitgebern verlangten Neuregelungen.

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