Wohnungsbau:Mehr Geld für Wohnungsbaupaket - trotzdem wächst die Kritik

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Gerade in Ballungsräumen wie Nürnberg ist der Bedarf an günstigen Wohnungen derzeit größer als das Angebot. (Foto: imago)
  • Der Landtag hat für 2018 mehr Geld für den geförderten Wohnungsbau bereit gestellt.
  • Vor zwei Jahren hat die bayerische Staatsregierung ein Wohnungsbaupaket geschnürt, um Sozialwohnungen zu fördern - eine echte Trendwende ist aber noch nicht erkennbar.
  • Die Oppositionsparteien im Landtag kritisieren die Maßnahme und fordern höhere Ausgaben.

Von Claudia Henzler, Nürnberg/München

Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Nürnberg baut so viel, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Mindestens 900 Mietwohnungen sollen bis zum Jahr 2021 fertig sein, davon mindestens 380 Sozialwohnungen - die heute offiziell geförderte Wohnungen heißen. Vor zwei Jahren hat die bayerische Staatsregierung ein Wohnungsbaupaket geschnürt, um Sozialwohnungen zu fördern. Inzwischen werden bayernweit Neubauprojekte geplant - eine echte Trendwende ist aber noch nicht erkennbar.

Ende Februar hat der Landtag noch einmal nachgelegt und für 2018 mehr Geld für den geförderten Wohnungsbau bereit gestellt. "Wir wollen und müssen noch mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen", hat Innenminister Joachim Herrmann kürzlich erklärt. "Das Budget von bisher rund 618 Millionen Euro für die Wohnraumförderung erhöhen wir deshalb auf rund 686 Millionen Euro." Das Ministerium betont, dass es einen derart hohen Bewilligungsrahmen seit Anfang der Neunzigerjahre nicht mehr gegeben habe, räumt aber auch ein, dass wegen steigender Baupreise mehr Geld pro Wohnung benötigt wird. Der Opposition und vielen Wohnungsbauunternehmen reicht diese Erhöhung aber nicht.

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Als Ziel des im Oktober 2015 vorgestellten "Wohnungspakts Bayern" wurde ausgegeben, von 2016 bis Ende 2019 den Bau von fast 28 000 neuen, staatlich finanzierten oder geförderten Mietwohnungen anzuschieben - allerdings inklusive Heimplätze. Allein im Rahmen eines neuen kommunalen Förderprogramms, für das jährlich 150 Millionen Euro bereit gestellt werden, sollten pro Jahr Anträge für 1500 Mietwohnungen eingehen. Tatsächlich wurden 2016 auf diesem Weg nur 760 Wohnungen gefördert und 900 Wohnungen im Jahr 2017. Das Interesse an dem Programm, bei dem Kommunen einen Teil der Kosten übernehmen müssen, ist überschaubar.

Insgesamt ist zur Halbzeit aus dem Wohnungspakt Fördergeld für 11 300 Mietwohnungen und Wohnheimplätze beantragt worden. Für weitere 800 Wohnungen, die der Staat im Rahmen eines Sofortprogramms selbst bauen will, wurden die Planungen laut Innenministerium "auf den Weg gebracht". Ergibt zusammen 12 100, etwa 6000 im Jahr. Das entspricht ungefähr dem Ziel, das sich die Staatsregierung für 2016 und 2017 gesetzt hat, wobei in der Statistik kein Unterschied zwischen echten Wohnungen und Heimplätzen gemacht wird. Aus Sicht des bayerischen Mieterbundes ist das viel zu wenig: Er schätzt den Bedarf an neuen Sozialwohnungen im Freistaat auf jährlich 15 000 bis 20 000. "Seit Mitte der Neunzigerjahre hat sich die Sozialwohnungszahl halbiert. Das ist ja alles nicht aufgefangen worden", sagt Geschäftsführerin Monika Schmid-Balzert.

Allein in Nürnberg gab es 1980 mehr als 65 000 Sozialwohnungen, Ende 2017 nur noch 14 317. Landesweit ist der Sozialwohnungsschwund ähnlich und die Neubauquote bisher nicht hoch genug, um diesen auszugleichen, wie der Verband der bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) deutlich macht. Der VdW, in dem mehr als 450 Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen organisiert sind, ist ein großer Akteur im Sozialwohnungssektor. Die Mitgliedsunternehmen hatten 2016 zwar mehr geförderte Wohnungen gebaut als im Vorjahr - nämlich 2900. Gleichzeitig waren bei ihnen aber 7500 Wohnungen aus der Sozialbindung heraus gefallen.

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Einst gehörten die GBW-Wohnungen dem Freistaat. Dann verkaufte er sie an ein privates Konsortium - und die Mieten stiegen. Geschäftsführer Claus Lehner verteidigt die Unternehmensstrategie.

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In Nürnberg gehört fast die Hälfte des Sozialwohnungsbestandes der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft wbg. Das Unternehmen versuche, noch mehr zu bauen, als bereits angekündigt, sagt dessen Sprecher Dieter Barth. Doch der Platz sei begrenzt, mehr als ein Drittel geförderte Wohnungen nicht sinnvoll für die soziale Mischung in einem Quartier, auch steigende Baukosten seien ein Problem.

Die staatliche Wohnraumförderung sei "existenziell", betont Barth. "Deswegen müsste man da aus unserer Sicht deutlich mehr Augenmerk darauf legen." Eine Situation wie 2017 dürfe sich nicht wiederholen, als der Freistaat sein Budget von 159 auf 87 Millionen kürzte, weil der Bund seinen Anteil um fast 80 Millionen erhöht hatte. Auch der VdW hatte das damals heftig kritisiert. Er fordert eine "Verstetigung" der Mittel, "damit wir Planungssicherheit haben", wie Sprecher Tobias Straubinger erklärt.

Dass die Nürnberger Wohnungsbaugesellschaft lange Zeit wenige Wohnungen gebaut hat, erklärt Dieter Barth damit, dass man nach einem Bauboom bis Mitte der Neunzigerjahre Zeit brauchte, den Instandhaltungsstau zu beseitigen. Seit etwa fünf Jahren sei die Lage auf dem Nürnberger Wohnungsmarkt angespannt, weil die Einwohnerzahl deutlich schneller wuchs als vorhergesehen. Darauf könne man nicht innerhalb eines Jahres reagieren. Barth kritisiert aber auch, dass die Politik in Zeiten der Entspannung dem Thema keine Beachtung geschenkt und Zuschussmittel gekürzt habe, statt vorzusorgen.

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Die SPD im Landtag bemängelt ebenfalls, dass über Jahre hinweg zu wenig Geld in den sozialen Wohnungsbau geflossen sei. Um die Wohnungsnot nachhaltig zu lindern, ist aus ihrer Sicht eine Bauoffensive nötig: 100 000 Wohnungen pro Jahr müssten gebaut werden (statt bisher etwa 54 000), darunter 20 000 geförderte Wohnungen. Die SPD ist mit dem Vorschlag gescheitert, den Wohnungspakt 2018 um weitere 350 Millionen aufzustocken.

Auch aus Sicht der Grünen reicht das Geld "bei weitem nicht aus, den eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den bayerischen Ballungsräumen zu beseitigen", sagt der wohnungsbaupolitische Sprecher Jürgen Mistol. Die Fraktion hatte weitere 150 Millionen Euro gefordert. Mistol kritisiert auch, dass der Wohnungspakt 2019 endet. "Die CSU hat sich bislang nicht zu einer Verlängerung durchringen können." Thorsten Glauber, baupolitischer Sprecher der Freien Wähler, bemängelt, dass die Zahlen des Innenministeriums irreführend seien.

Bei den von Herrmann genannten 686 Millionen werde Geld aus dem Landes- und Bundeshaushalt und Eigenmittel der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt (BayernLabo) zusammengerührt. 260 Millionen Euro davon seien reine Verpflichtungsermächtigungen, werden also - falls überhaupt - frühestens 2019 fällig. Dadurch werde die verkündete Summe künstlich aufgebläht, tatsächlich liege sie 2018 nur bei rund 420 Millionen Euro. Die Freien Wähler wünschten sich eine echte und dauerhafte Anhebung der Fördermittel auf jährlich 600 Millionen Euro.

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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