Unfallstatistik:Motorradfahrer sind besonders gefährdet

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Motorradfahren ist "um ein Vielfaches" riskanter als Autofahren, sagen die Experten. (Foto: dpa)
  • 614 Menschen sind im vergangenen Jahr bei Unfällen ums Leben gekommen.
  • Das entspricht dem niedrigsten Wert, seit der Freistaat vor 60 Jahren damit begonnen hat, die Verkehrsunfälle statistisch zu erfassen.
  • In den meisten Fällen war überhöhte Geschwindigkeit die Ursache.

Von Daniela Kuhr, München

Vielleicht die gute Nachricht zuerst: Die Zahl der Menschen, die im vergangenen Jahr auf Bayerns Straßen ums Leben gekommen sind, ist erneut gesunken - auf 614. "Das ist der niedrigste Stand der Verkehrstoten in Bayern seit Beginn der Unfallaufzeichnungen vor mehr als 60 Jahren", sagte Verkehrsminister Joachim Herrmann am Montag in München bei der Vorstellung der jährlichen Unfallstatistik. Wer daraus aber schließt, dass die Menschen vielleicht rücksichtsvoller und vorsichtiger geworden sind, irrt.

Insgesamt sind im Freistaat mehr Verkehrsunfälle passiert als im vergangenen Jahr - 391 125, das ist ein Plus von knapp sechs Prozent. Dabei wurden 71 161 Menschen verletzt - rund 1600 mehr als im Vorjahr. 2015 gab es also weniger Tote, aber mehr Verletzte.

Besonders gefährlich sind die Landstraßen

Als besonders gefährlich haben sich erneut die Landstraßen erwiesen. Dort sind 393 Menschen umgekommen, genau wie im Vorjahr. Die Zahl der Unfälle auf Landstraßen hat sich allerdings deutlich erhöht: um zehn Prozent auf 111 799. Auch auf Autobahnen hat es rund neun Prozent mehr Unfälle gegeben, insgesamt waren es 29 708.

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Dabei sind 84 Verkehrsteilnehmer getötet worden, zwölf mehr als 2014. Zweimal waren Geisterfahrten die Ursache für den Unfall. Im Jahr zuvor war das noch siebenmal vorgekommen, dass Autofahrer in falscher Richtung auf der Autobahn fuhren und dadurch einen tödlichen Unfall verursachten. Innerorts kam es 2015 knapp 250 000 Mal zu Zusammenstößen, ein Plus von 3,7 Prozent. Dabei verloren 137 Menschen ihr Leben, 17 weniger als im Vorjahr.

In den allermeisten Fällen war überhöhte Geschwindigkeit die Ursache für den tödlichen Unfall, nämlich 177-mal. Herrmann wies darauf hin, dass die Polizei im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsverstößen knapp 330 000 Anzeigen erstattet und 845 000-mal eine Verwarnung erteilt hat. Zudem wurden 32 500 Fahrverbote verhängt.

Kein einziges Kind ist auf dem Schulweg ums Leben gekommen

In 90 Fällen war das Missachten von Vorfahrtsregeln Ursache für einen tödlichen Unfall. 49-mal war Alkohol im Spiel. Und 162-mal ist das Fahrzeug von der Fahrbahn abgekommen, "weil der Fahrer unaufmerksam war und sich beispielsweise während der Fahrt eine Zigarette angezündet, telefoniert oder sich unterhalten hat", sagte Hermann.

160 Senioren kamen ums Leben, 76 junge Fahrer und 13 Kinder - keines davon auf dem Schulweg, wie der Verkehrsminister betonte. "Das liegt auch am hohen Engagement unserer Schulwegdienste", also den 30 000 Bürgern, die sich in Bayern als Schülerlotsen, Schulweghelfer oder Schulbuslotsen für die Sicherheit von Schulkindern einsetzen.

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So traumhaft der vergangene Sommer mit seiner langen Schönwetterperiode auch war, für eine Gruppe von Menschen war er extrem gefährlich: für Motorradfahrer. 140 Motorradfahrer kamen im vergangenen Jahr bei Unfällen in Bayern ums Leben, das ist ein Plus von gut zehn Prozent. "Gutes Wetter hat bei Motorradfahrern leider schlechte Folgen", sagte Herrmann. "Sie fahren mehr und sie fahren riskanter."

Zwar starben mit 271 Menschen deutlich mehr bei einem Autounfall als bei einem Motorradunfall, wenn man aber die Gesamtmenge des Autoverkehrs und des Motorradverkehrs ins Verhältnis setze, könne man gar nicht anders, als festzustellen, dass Motorradfahren "um ein Vielfaches" riskanter sei als Autofahren, sagte Herrmann.

Fast jeder vierte Unfalltote war nicht angeschnallt

Gleichzeitig stellte der Minister fest: Die Zahl der nicht angegurteten Autofahrer sei immer noch viel zu hoch. "Fast jeder vierte tödlich verunglückte Auto-Insasse war nicht angeschnallt. Dieser Leichtsinn kostete vergangenes Jahr 67 Menschen das Leben." Besonders traurig sei, dass da auch ein Kind ums Leben gekommen sei. Die Polizei habe im vergangenen Jahr knapp 55 000 Verstöße gegen die "ordnungsgemäße Sicherung von Insassen" geahndet.

81 Radfahrer kamen ums Leben, davon neun, die mit einem Pedelec unterwegs waren. Zudem starben 89 Fußgänger, knapp fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Herrmann betonte, dass ihm die wachsende Zahl von Unfällen Sorgen bereite, Bayern werde sich noch mehr bemühen, die Straßen sicherer zu machen. "Bis 2020 sind dafür insgesamt 440 Millionen Euro an Bundes- und Landesmitteln vorgesehen."

In den vergangenen Jahren habe die Straßenbauverwaltung bereits 137 besonders unfallträchtige Stellen im Straßennetz besser gestaltet. "Sie hat vor allem Kurven begradigt, Fahrbahndecken erneuert, gefährliche Kreuzungen zu Kreisverkehren umgebaut und Ampelanlagen errichtet", sagte der Minister.

Um Rasern das Leben schwer zu machen, werde es zudem in diesem Jahr wieder einen Blitzmarathon geben, kündigte er an - vermutlich im Herbst.

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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