Sparkassen-Chef Theo Zellner:"Ich will mir mein Gehalt verdienen"

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Theo Zellner ist neuer Chef der bayerischen Sparkassen. Er bekommt 450.000 Euro im Jahr - dafür will er die Sparkassen stärker machen.

C. Sebald und M. Szymanski

Theo Zellner, 61, hat am Donnerstag seinen ersten offiziellen Arbeitstag als neuer Präsident des Sparkassenverbands. Er wurde durch das Landesbank-Debakel nach oben gespült, wegen dem sein Vorgänger Siegfried Naser gehen musste. Naser wird für die Milliardenverluste der BayernLB mitverantwortlich gemacht. Der bisherige Chamer Landrat Zellner sprach über die Zweifel an seiner Befähigung, über das Versagen der Sparkassen in Sachen Landesbank und ihre Zukunft.

SZ: Der Kampf um Ihr Amt war ein Postengeschacher. Diesmal stellen die Landräte den Präsidenten, in vier Jahren die Städte. Damit ist das Amt auf Jahre hinaus Verfügungsmasse für Kommunalpolitiker.

Zellner: Nein, so war das nicht. Das Thema haben vor allem die Medien hochgespielt. In dieser Situation haben sich die kommunalen Spitzenverbände verständigt. Das ist juristisch nicht bindend, das ist eine ganz faire Geschichte. Es war für die kommunalen Spitzenverbände und für die Sparkassen immer klar, dass eine Zerreißprobe vermieden werden sollte.

SZ: Aber es ging zuletzt überhaupt nicht mehr darum, wer sich am besten für das Amt eignet.

Zellner: Da war doch ich selbst der Leidtragende. Meine Kandidatur wurde diskreditiert, indem Leute sagten, ein Banker muss her. Andere verlangten, dass der Bewerber mindestens einen Doktortitel haben müsse. Dass ich ein erfolgreicher Kommunalpolitiker bin, obwohl ich nicht Bürgermeister und Landrat gelernt habe, hat keinen interessiert. Es hat weh getan, dass meine Eignung so in Frage gestellt wurde.

SZ: Ihr Gehalt ist von 600.000 auf 450.000 Euro im Jahr reduziert worden. Das ist immer noch mehr als das Doppelte dessen, was der Ministerpräsident verdient. Leisten Sie so viel mehr?

Zellner: Ich habe bei meiner Bewerbung weder auf Horst Seehofers Gehalt geschaut noch auf das Gehalt des künftigen Sparkassenpräsidenten. Mein Gehalt hat mein Arbeitgeber festgelegt, ohne eine Forderung meinerseits.

SZ: Für einen Verbandschef bekommen Sie aber ein fürstliches Gehalt.

Zellner: Was Sie an Zahlen unterstellen, kann ich nicht kommentieren, weil es vertraulich ist. Es ist ein gutes Gehalt. Ich hatte aber noch nie ein schlechtes Gewissen bei dem, was ich verdient habe. Es war immer hart erarbeitet. Ich beabsichtige, mir mein Gehalt auch dieses Mal zu verdienen.

SZ: Auf Sie kommt doch ein ruhiger Job zu. An der BayernLB, die den Sparkassen und dem Freistaat bis zur Krise je zur Hälfte gehört hat, halten die Sparkassen nur noch gut vier Prozent. Da reden Sie nicht mehr viel mit.

Zellner: Das sehe ich anders. Es gibt ja noch mehr zu tun, als sich mit der BayernLB zu beschäftigen. Die Landesbank spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Die Sparkassen brauchen weiter ein Zentralinstitut wie die BayernLB, wenn wir zum Beispiel unsere Kunden ins Ausland begleiten oder ein gemeinsames Kreditengagement organisieren wollen.

SZ: Als es um die Rettung der BayernLB ging, haben sich die Sparkassen gedrückt. Sie haben den Freistaat zehn Milliarden Euro in das marode Institut pumpen lassen. Die Sparkassen haben sich aus der Verantwortung gestohlen.

Zellner: Wir haben uns nicht aus der Verantwortung gestohlen. Die Sparkassen haben viel Geld verloren. Wir haben mit unseren Anteilen bezahlt, die vor der Krise mehrere Milliarden Euro wert waren. Dank des Freistaats mussten wir kein frisches Kapital nachschießen. Deshalb und weil wir viel Eigenkapital haben, konnten wir in der Krise dem Mittelstand Kredite zur Verfügung zu stellen.

SZ: Aber die Sparkassen haben das Desaster doch mitzuverantworten und wären daran fast pleitegegangen.

Zellner: Ich habe natürlich mal die Frage gestellt, ob wir fünf Milliarden Euro für die BayernLB aufbringen könnten. Ein zusätzliches Engagement in dieser Größenordnung hätte die Sparkassen überfordert und dramatische Folgen für die Wirtschaft gehabt.

SZ: Wie konnte es passieren, dass die Sparkassen die großspurige Expansion der BayernLB mitgetragen haben?

Zellner: Es sind in der BayernLB Vorstandsentscheidungen getroffen worden, die zu den Problemen geführt haben, das ist richtig. Ich sage es aber so deutlich: Ich wäre nicht bereit gewesen, dieses Amt anzutreten, wenn wir als Sparkassen immer noch Vergangenheitsbewältigung betreiben müssten. Ich will, dass die Vergangenheit diejenigen erledigen, die sie zu verantworten haben. Ich will nach vorne schauen.

SZ: Ist bei den Sparkassen die Zeit der Abenteuer beendet?

Zellner: Wir werden uns künftig auf unsere Kernaufgaben konzentrieren. Dazu will ich meinen Beitrag leisten. Ich werde jede Beteiligung hinterfragen, die wir künftig eingehen. Es darf immer nur darum gehen, was nutzt es der einzelnen Sparkasse. Zu meinen, der Verband müsse über Beteiligungen strategisch agieren, steht nicht im Vordergrund.

SZ: Die Landesbanken wollen sich nun auf den Mittelstand stürzen. Wo bleiben die Sparkassen?

Zellner: Wir müssen rasch Gespräche führen, wie wir uns die Zukunft vorstellen. Wir sind als Sparkassen draußen in den Regionen für das Kreditgeschäft zuständig. Dabei arbeiten wir mit der Landesbank zusammen. Wir brauchen die BayernLB als Dienstleister. Wir müssen festlegen, inwieweit wir Partner sind und nicht Konkurrenten.

SZ: Privatisierung oder Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg zur Süd-LB - was wollen die Sparkassen?

Zellner: Diese Frage kann nur der Freistaat Bayern als 96-prozentiger Eigentümer beantworten. Zunächst müssen sich die Landesbanken in Form bringen. Es nützt nichts, wenn sich zwei oder drei Schwache zusammentun, dadurch werden sie nicht stärker. Die Frage wird aber wieder aktuell werden. Landesbank-Fusionen können eine Antwort sein. Die Privatisierung eher nicht. Wir Sparkassen brauchen die BayernLB.

SZ: Die Landesbank hat einige Beteiligungen, die für die Sparkassen interessant sind. Die Landesbausparkasse etwa.

Zellner: Da sind noch viele Fragen offen, etwa ob Brüssel von der Landesbank verlangt, sich von der LBS zu trennen. Der Freistaat will uns in einem Grundlagenvertrag ein Vorkaufsrecht einräumen. Er hat gewiss das Interesse, dass die LBS nicht in irgendwelche Hände gerät, weil sie nur so stark ist wie der Vertrieb durch die Sparkassen. Wenn die BayernLB die LBS abgeben müsste, darf das nicht an den Sparkassen vorbeigehen.

SZ: In der Krise sind die Sparkassen gefragt, die Kunden wollen keine Risiken. Was wird, wenn andere Banken wieder mit Traumrenditen locken. Laufen Ihnen dann die Kunden wieder weg?

Zellner: Unternehmer und Privatkunden haben in der Krise in der Sparkasse eine sichere Heimat für ihr Geld gesehen. Es zeichnet uns aus, dass wir unsere Finanzpolitik nicht auf den schnellen Gewinn abstellen. Wir müssen modern sein und auf die Leute zugehen. Wenn uns das gelingt, habe ich keine Sorge. Das Modell der Sparkassen ist ein Zukunftsmodell.

SZ: Wird es auch künftig in jedem größeren Dorf eine Sparkasse geben?

Zellner: Wir müssen alles tun, dass vor Ort jemand für die Wirtschaft, für den Handwerker und für den Bürgermeister als Ansprechpartner da ist. Das ist jeden Einsatz wert. Ich sage das sehr persönlich. Ich habe in meiner Heimat im Bayerischen Wald - damals als Zweiter Bürgermeister - Zeiten erlebt, in denen die Arbeitslosigkeit bei 46 Prozent lag. Da ist man getrieben, alles an Infrastruktur aufrechtzuerhalten, was man hat. Sparkassen sind dabei ein wichtiges Instrument.

SZ: Sie haben große Institute wie in München und Winzlinge wie in Dinkelsbühl. Sind Fusionen unausweichlich?

Zellner: Die Größe sagt nicht immer etwas aus über die Ertragskraft. Ich schließe nicht aus, dass bei der einen oder anderen Sparkasse eine Zusammenarbeit vielleicht notwendig ist. Ich werde aber alles dafür tun, um die Breite zu erhalten. Wir haben hervorragend aufgestellte kleine Sparkassen, wo kein Unternehmer irgendwo anders hingehen würde. Da ist etwas gewachsen. Diese menschliche, persönliche Bindung will ich nicht aufgegeben.

SZ: Sie haben Ihre Amtszeit auf vier Jahre begrenzt. Damit sind Sie von vorneherein ein Übergangspräsident.

Zellner: Meine Amtszeit als Landrat hätte am 1. Mai 2014 geendet. Ich habe meiner Familie versprochen, dass ich mit 65 in Pension gehe. Ich will die Aufgaben, die ich mir als Sparkassenpräsident gesetzt habe, in dieser Zeit schaffen.

© SZ vom 14.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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