Einen größeren Gefallen hätten ihm die bayerischen Behörden kaum machen können. Erhan A. wird in die Türkei abgeschoben. So nah war er schon lange nicht mehr am Ziel seiner perversen Träume: Das liegt irgendwo in Syrien oder im Nordirak, wohin ihn die Aussicht auf den Märtyrertod lockt. Im Falle einer Abschiebung spare er sich wenigstens das Flugticket, witzelte der 22-Jährige vor einiger Zeit. Das bezahlt ihm nun der Freistaat Bayern. Sollen sich doch die Türken mit ihm herumschlagen, Hauptsache der Mann ist erst mal weg - so lautet das Kalkül dahinter.
Haftbefehl in Kempten:Bayern weist radikalen Salafisten aus
Er verteidigt die Gräueltaten der Terrormiliz IS und rechtfertigt das Köpfen von Journalisten: Nachdem Erhan A. in einem Interview offen über seine Ansichten gesprochen hat, sitzt er nun in Abschiebehaft. Laut Innenminister Joachim Herrmann hat so jemand "bei uns nichts zu suchen".
Doch Erhan A. ist in Kempten aufgewachsen, er hat hier sein Abitur gemacht, und hier hat er sich zum militanten Salafisten entwickelt. Er ist ein Radikaler made in Germany, den man der Türkei nach 20 Jahren nun einfach wieder vor die Tür stellt.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kann so vielleicht Entschlossenheit und Stärke demonstrieren, das eigentliche Problem wird damit aber nicht gelöst, sondern buchstäblich nur verschoben. Letztlich ist diese Politik genauso ein Zeichen der Hilflosigkeit wie die Reaktionen der Kemptener Lokalpolitiker: Salafismus, das ist doch was für die Polizei, aber nichts für den Stadtrat.
SZ Magazin IS: Islamist im Interview:"Ich würde sogar meine Familie töten, wenn sie sich gegen den Islamischen Staat stellt"
Im SZ-Magazin hatte sich Erhan A. ganz offen zur Terrororganisation IS bekannt. Auch wegen dieser Äußerungen ist der 22-Jährige nur einen Tag nach der Veröffentlichung des Gesprächs in Abschiebehaft genommen worden. Das komplette Interview im Wortlaut.
Dahinter steckt die irrige Annahme, dass die Radikalisierung junger Männer ein Phänomen ist, das von außen hereingetragen wird. Doch leider ist der radikale Islamismus inzwischen auch ein bayerischer Exportartikel. Freistaat, Kommunen und Moschee-Gemeinden werden zusammenarbeiten müssen, um das Abdriften junger Männer in den mörderischen Wahnsinn zu verhindern.