Politischer Aschermittwoch:Seehofer attackiert - ein bisschen

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Parteichef Horst Seehofer beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau. (Foto: dpa)

Der politische Aschermittwoch ist nicht mehr das, was er mal war - das hat eine zahme CSU in diesem Jahr demonstriert. Mit dem Poltern hält sich vor allem Horst Seehofer zurück. Dafür überrascht die bayerische SPD.

Von Birgit Kruse und Ingrid Fuchs

Eigentlich steht der Politische Aschermittwoch für gute Unterhaltung auf zum Teil derben Niveau: Der politische Gegner wird gescholten, die Besucher, die aus ganz Deutschland nach Passau kommen, johlen. Ein bisschen politischen Inhalt gibt es auch noch. Dass der Aschermittwoch nicht mehr das ist, was er mal war, hat die CSU in diesem Jahr demonstriert.

Mit der Schelte auf den politischen Gegner halten sich vor allem CSU-Chef Horst Seehofer und sein Vize Peter Gauweiler zurück. Nur Generalsekretär Andreas Scheuer, zu dessen Jobbeschreibung das Poltern gehört, teilt aus. Und er schreckt auch nicht davor zurück, den Berliner Koalitionspartner in die Mangel zu nehmen. Sein Opfer ist Ralf Stegner von der SPD. Ihn bezeichnet er als "Möchtegern-Generalsekretär" und "linken Foulspieler".

Sprüche beim Politischen Aschermittwoch
:"Treten Sie ein, bei uns gibt es keine Ökotanten"

Beim Aschermittwoch haben die Politiker auch diesmal wieder kräftig ausgeteilt - einige mussten aber auch ganz schön einstecken. Die besten Sprüche aus Niederbayern.

Die AfD, die in knapp zwei Wochen bei der Kommunalwahl der CSU Stimmen kosten könnte, verbindet er mit dem "Abschied für Deutschland". Zu diesem Zeitpunkt sind die ersten Massen schon längst geleert und die Veranstaltung kurz vor dem Ende. Dennoch. Der Applaus ist ihm sicher. Ganz ohne Schelte geht es eben nicht, hier, beim angeblich größten Stammtisch der Welt.

Und ein wenig hat sich das auch Horst Seehofer in seiner Rede nicht nehmen lassen. Die SPD ist sein Opfer - allerdings nur die bayerische. "Wisst ihr, was mir an der bayerischen SPD so gut gefällt?", fragt er in die Menge. "Es ist diese fröhliche Hoffnungslosigkeit." Gelächter. Zustimmung. Viel mehr gibt es nicht von Seehofer. Im Mai sind Europawahlen und für die CSU ist es wichtig, neben Landes- und Bundesebne auch in Europa stark vertreten zu sein. Daraus speist sich ihr Nimbus, ihr Selbstvertrauen.

Bereits nach wenigen Minuten am Rednerpult ruft Seehofer mit heiserer Stimme in die Menge, dass "die Europawahl keine Wahl für Experimente" sei. Man dürfe nicht auf Splittergruppen setzen, nicht auf radikale oder Kleinstgruppen. Auf Stabilität und Zuverlässigkeit komme es an. Vor allem - auch wenn er das nicht so explizit sagt - seit sich die Lage in der Ukraine so dramatisch zugespitzt hat. Das ist sicher auch ein Grund, warum dieser Aschermittwoch etwas verhaltener ausfällt als andere. Man wisse ja nie, was in diesem Moment auf der Krim passiert, sagt ein Vorstandsmitglied.

Ein anderer Grund für die Zurückhaltung ist wohl die Koalition in Berlin. Wer auf der großen Bühne mit der SPD vertrauensvoll zusammenarbeiten will, kann sie auf kleiner nicht verdammen.

Pronold überrascht

Die SPD schlägt sich derweil ganz ordentlich in Vilshofen. Ausgerechnet Florian Pronold, SPD-Landesvorsitzender und seit dieser Legislaturperiode Staatssekretär im Bundesumweltministerium, dreht auf. Ordentlich gescheitelt, mit Trachtenjanker und obligatorisch roter Krawatte widmet auch er sich zunächst Sachthemen. Bis er plötzlich seine Sprüche auspackt. Am besten ist Pronold, wenn er den Ministerpräsiden direkt angreift: "Lieber Horst Seehofer, du musst keine Angst vor Windrädern habe. Es gibt kein Windrad in Bayern, das sich so schnell drehen kann wie du!"

SPD beim Politischen Aschermittwoch
:"Mia o'fangn mid zünftiga Blasmusi"

Wenn der Kater vor dem Rausch kommt: Die SPD-Parteizentrale in Berlin kommentiert das "TamTam in Vilshoffa" beim Politischen Aschermittwoch via Twitter - in einer Mischung aus Laptop- und Lederhosnbairisch, die ziemlich weh tut.

Von Sebastian Beck

Wermutstropfen: Bei Pronold muss man gut aufpassen, um die Pointen mitzubekommen, ein geborener Bierzeltredner ist er nämlich nicht. In dieser Hinsicht ist ihm Martin Schulz sicherlich überlegen. Dem Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten fehlt zwar die Derbheit - und damit auch die Fähigkeit zum klassischen Derblecken. Aber reden, das kann er. Schulz hält eine Lehrstunde in europäischer Politik. Erklärt, warum ihm Europa so wichtig ist. Selten sieht man Menschen so gebannt zuhören, wenn jemand über die EU spricht.

Bei der CSU in Passau darf dann noch Partei-Vize Peter Gauweiler über die EU reden. Er gilt als Europakritiker und ist in der CSU durchaus umstritten. Nicht so in der Dreiländerhalle. Bis kurz vor seinem Auftritt bastelt Gauweiler noch an seiner Rede, schreibt Daten aufs Papier, kritzelt rum. Dann, auf der Bühne, ist er voll konzentriert und genießt den Applaus. Auch heute, so Gauweiler, sei eine gute Zusammenarbeit mit Russland wichtig. Moskau gehöre zu Europa und die CSU sei "für die Zusammenarbeit mit Russland" - auch in schwierigen Zeiten.

Die Kommunalwahl in wenigen Tagen spielt in Passau dagegen kaum eine Rolle. Dafür beschäftigt Seehofer ein ganz anderes Thema - ein bisschen zumindest. Er würde sich - neben allen Wahlerfolgen für die Partei natürlich - den Aufstieg des FC Ingolstadt in die erste Bundesliga wünschen.

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